Rz. 403

 

Rz. 404

OLG Stuttgart[382]

Fährt ein Lkw (2) auf ein landwirtschaftliches Gespann (1) nachts auf der Autobahn auf, so haften beide Fahrer zu 50 %. Das Verschulden des Fahrers des landwirtschaftlichen Fahrzeugs (1) ist daran zu sehen, dass dieser mit einem solchen Fahrzeug die Autobahn überhaupt befuhr. Das Gespann hatte eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h. Dem Fahrer (1) war das Verschulden auch bewusst, da am Heck des Anhängers zwei Schilder angebracht waren, die auf die Geschwindigkeitsbegrenzung hinwiesen. Er hatte die Autobahn trotzdem benutzt, obwohl dies nur für Fahrzeuge mit einer über 60 km/h liegenden Geschwindigkeit zulässig ist.

 

Rz. 405

BGH[383]

Fährt ein Motorradfahrer auf der Autobahn bei Tageslicht und guten Sichtverhältnissen auf einen auf dem linken von drei Fahrstreifen kurz davor liegengebliebenen Lkw auf, ist das beiderseitige Verschulden lediglich ein Faktor bei der Festlegung der Haftungsquote. In erster Linie ist das Maß der Verursachung von Belang, in dem die beiden Beteiligten zum Unfall beigetragen haben. Wer auf der Überholspur liegenbleibt, muss möglichst sehen, dass er auf den zwischen den Fahrbahnen liegenden Mittelstreifen ausweichen kann. Der Lkw-Fahrer hätte möglichst nahe an die Mittelleitplanke heranfahren müssen. Wenn die Warnblinkanlage nicht Zeichen gab, kann das darauf zurückzuführen sein, dass unmittelbar während des Unfallgeschehens durch die Beschädigung der hinteren rechten Rückleuchte, sowie der damit verbundenen Zerstörung des hinteren Fahrtrichtungsanzeigers, die Warnblinkanlage ausgefallen war. Nicht auszuschließen ist der Vortrag des Klägers, dass der Motorradfahrer erst kurz vor dem Lkw die Spur gewechselt hatte und vorher den Lkw wegen des weiteren Verkehrs nicht sehen konnte.

Anmerkung: Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

 

Rz. 406

OLG Oldenburg[384]

Verlangsamt ein vorausfahrendes Kfz wegen eines Defekts seine Geschwindigkeit, kommt eine Mithaftung des auf dieses Fahrzeug Auffahrenden in Betracht. Den Halter des defekten Fahrzeugs trifft lediglich die Haftung aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs. Dem Auffahrenden ist vorzuwerfen, dass er entweder den Sicherheitsabstand nicht eingehalten hatte oder aber unachtsam war.

 

Rz. 407

OLG Brandenburg[385]

Kommt es auf der Autobahn zu einem Auffahrunfall auf ein mit 38 km/h fahrendes Fahrzeug, muss der Führer des langsamen Fahrzeugs nach § 3 Abs. 2 StVO einen triftigen Grund für das langsame Fahren darlegen. Der Auffahrende muss in solchen Fällen nicht mit so langsamen Fahrzeugen auf der Autobahn rechnen. Der Führer des langsamen Fahrzeugs haftet zu 100 %. Er hatte die Mindestgeschwindigkeit auf Autobahnen erheblich unterschritten.

 

Rz. 408

OLG Brandenburg[386]

Einen Motorradfahrer, der bei Tageslicht auf einen wegen einer Panne auf der Bundesautobahn liegen gebliebenen Lkw aufprallt, trifft eine Mithaftung von 40 %. Die Betriebsgefahr des Motorrades ist wegen seiner besonderen Gefährlichkeit im Zusammenhang mit Kollisionen höher als die eines Pkws anzusetzen. Keine weitere Erhöhung der Betriebsgefahr ist mit dem Umstand verbunden, dass mehrere Motorradfahrer in einer Gruppe zusammen fuhren. Im Ergebnis der Abwägung der Verursachungsbeiträge sieht der Senat ein Überwiegen auf der Seite der Beklagten, wobei insbesondere zu berücksichtigen ist, dass selbst im Falle einer ordnungsgemäßen Absicherung eines nur teilweise in die Fahrbahn hineinragenden Fahrzeugs eine Mithaftung des Fahrers des liegen gebliebenen Fahrzeugs von ¼ bis ⅓ angenommen wird.

 

Rz. 409

OLG Hamm[387]

Kommt es zu einem Auffahrunfall, bei welchem sich beide Fahrzeuge im gleichgerichteten Verkehr bewegt haben und zumindest eine teilweise Überdeckung der Schäden an Front und Heck vorliegt, spricht der erste Anschein dafür, dass der Auffahrende den Unfall schuldhaft dadurch verursacht hat, dass er entweder den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hat (§ 4 Abs. 1 StVO), unaufmerksam war (§ 1 StVO) oder aber mit einer den Straßen- und Sichtverhältnissen unangepassten Geschwindigkeit gefahren ist (§ 3 Abs. 1 StVO). Mit einem Abbremsen des Vordermanns muss ein Fahrer jederzeit rechnen und sich darauf mit dem nötigen Sicherheitsabstand und der Verkehrssituation angepasster Geschwindigkeit einstellen. Die Fashrzeugführerin des auffahrenden Fahrzeugs hat keinen Anspruch gegen den Fahrzeugführer des vorausfahrenden Pkw.

 

Rz. 410

OLG Jena[388]

Ein zu schnell an der Unfallstelle vorbeifahrender Fahrzeugführer haftet zu 100 %, wenn er auf den in seine Fahrbahn ragenden Anhänger auffährt und die Unfallstelle durch die Polizei und weitere Sicherungsmaßnahmen ausreichend gesichert war. Bei einer Blaulichtwarnung muss der herannahende Kraftfahrer zunächst davon ausgehen, dass in dem durch das Blaulicht markierten Bereich auf der gesamten Breite der Fahrbahnen Gegenstände oder sogar Verunglückte liegen können. Die Einstellung, das Blaulicht habe nur fü...

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