Rz. 1535

 

Rz. 1536

BGH[1437]

Ein Radfahrer (1), der einen für die Gegenrichtung freigegebenen links der Fahrbahn verlaufenden Radweg benutzt, darf diesen Radweg auch über den Punkt weiter benutzen, an dem – in seiner Fahrtrichtung – rechts neben der Fahrbahn ein weiterer Radweg beginnt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die den linken Radweg benutzenden Radfahrer durch eine Fahrbahnmarkierung oder eindeutige Verkehrsschilder auf den rechten Radweg umgeleitet werden. Kommt es zu einem Zusammenstoß mit einem anderen – in Fahrtrichtung rechts fahrenden – Radfahrer (2), haftet der Radfahrer (1) bei nicht aufzuklärendem Sachverhalt nicht.

 

Rz. 1537

BGH[1438]

Werden Rad- und Fußgängerwege auf jeweils nur optisch voneinander getrennten Verkehrsflächen so dicht aneinander vorbeigeführt, dass im innerstädtischen Begegnungsverkehr abstrakt gefährliche Situationen zwangsläufig zu erwarten sind, können ähnliche Situationen entstehen wie auf gemeinsamen Rad- und Gehwegen. Solche Situationen begründen eine vergleichbare Pflicht zur Rücksichtnahme von Radfahrern auf Fußgänger jedenfalls dann, wenn sich das abstrakte Gefährdungspotential zu einer kritischen Situation verdichtet. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war dies nach den vorstehenden Ausführungen der Fall.

 

Rz. 1538

LG Celle[1439]

Auf Gehwegen, die durch ein Zusatzschild für Radfahrer freigegeben sind, kommt den Belangen der Fußgänger ein besonderes Gewicht zu. Das Zusatzschild "Radfahrer frei" gibt dem Radverkehr nur ein Benutzungsrecht auf dem Gehweg. Insbesondere bei einer unklaren Verkehrslage muss gegebenenfalls per Blickkontakt eine Verständigung mit dem Fußgänger gesucht werden. Erforderlichenfalls muss Schrittgeschwindigkeit gefahren werden, damit ein sofortiges Anhalten möglich ist. Von einem 13-Jährigen kann erwartet werden, dass er nicht blindlings auf einen Gehweg läuft, weil ein solches Verhalten andere Nutzer des Gehwegs gefährden kann. Ein achtloses Laufen auf den Gehweg ist auch geeignet, Fußgänger zu gefährden. Der Umstand, dass das Kind mit einem anderen Kind spielte, entlastet es im Zusammenhang mit den maßgeblichen Sorgfaltsanforderungen und der Frage, ob diese beachtet wurden, nicht. Dennoch hat der Radfahrer durch sein Verhalten den Unfall und damit seine Verletzungen derart überwiegend verursacht, dass ein Verschulden des Kindes gemäß § 254 Abs. 1 BGB BGB vollständig zurücktritt.

 

Rz. 1539

OLG Celle[1440]

Einen Fußgänger treffen beim Überschreiten eines Geh- und Radweges dieselben Sorgfaltspflichten wie beim Überschreiten einer Fahrbahn. Dazu gehöre es, sich zu vergewissern, ob der Weg gefahrlos für sich und andere betreten werden kann. Fährt ein Radfahrer auf diesem kombinierten Fuß- und Radweg mit angemessener Geschwindigkeit und mit ausreichendem Abstand zu einer Hecke, die neben dem Weg wächst, haftet der Fußgänger zu 100 %.

 

Rz. 1540

OLG Celle[1441]

Bei einer Kollision zweier Radfahrer im Begegnungsverkehr trifft denjenigen, der einen kombinierten Geh- und Radweg in verbotswidriger Fahrtrichtung befährt, das überwiegende Verschulden. Bei schuldhafter Mitverursachung des Unfalls durch den anderen Unfallbeteiligten infolge Unaufmerksamkeit ist eine Haftungsverteilung von ⅔ zu ⅓ zu Lasten des verbotswidrig Fahrenden gerechtfertigt. Dies gilt im Streitfall insbesondere, weil die sich verbotswidrig verhaltende Fahrradfahrerin mit ihrem Fahrrad eine relativ enge Unterführung, die aufgrund der örtlichen Gegebenheiten keine Ausweichmöglichkeiten bot, benutzt hat. Insoweit trafen sie wesentlich erhöhte Sorgfaltspflichten im Verhältnis zum Gegenverkehr. Demgegenüber wiegt die Unfallmitverursachung des anderen Unfallbeteiligten deutlich geringer.

 

Rz. 1541

OLG Hamm[1442]

Die Benutzung des für diese Fahrtrichtung nicht freigegebenen Radwegs auf der gegenüberliegenden linken Straßenseite stellt ein anspruchsminderndes Mit- bzw. Eigenverschulden eines Radfahrers dar. Er verstößt gegen § 1 Abs. 2 StVO in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Satz 1 StVO, den sich der Geschädigte nach § 9 StVG und § 254 Abs. 1 BGB entgegenhalten lassen muss. Die vorzunehmende Haftungsverteilung gegenüber einem aus einem Grundstück auf die Straße einfahrenden Kraftfahrer rechtfertige eine Haftung von ⅓ zu ⅔ zugunsten der Radfahrerin. Der Autofahrer hatte bei der Ausfahrt aus einem Grundstück erhöhte Sorgfaltspflichten nach § 10 StVO zu beachten. Die Radfahrerin ihrerseits hat gegen § 1 Abs. 2 StVO verstoßen, weil sie nicht den "rechten Radweg" benutzt hat. Das Auto war für sie deutlich zu sehen gewesen. Sie musste daher damit rechnen müssen, dass der Autofahrer anfährt und hätte nicht einfach weiterfahren dürfen.

 

Rz. 1542

OLG Hamm[1443]

Stößt eine Radfahrerin, die den Radweg einer bevorrechtigten Straße entgegen der Fahrtrichtung befährt, mit einem aus einem verkehrsberuhigten Bereich auf den Radweg einbiegenden Radfahrer zusammen, haftet sie zu ⅓. Der andere Radfahrer hatte die Klägerin durch sein unachtsames Einbiegen auf den Radweg zu Fall gebracht und damit gegen die Sorgfaltspflicht ...

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