Rz. 585

 

Rz. 586

OLG Karlsruhe[552]

Fährt der Fahrer des letzten in einer Kolonne befindlichen Fahrzeugs (3) auf ein davor befindliches Fahrzeug (2) auf, dessen Fahrer seinerseits wegen eines Verstoßes gegen das Sichtfahrgebot auf den Pkw (1) aufgefahren war, haften die Fahrer (2) und (3) jeweils zu 50 %. Auch auf der Autobahn ist die Geschwindigkeit so einzurichten, dass innerhalb der übersehbaren Strecke angehalten werden kann (Ausnahme § 18 Abs. 6 StVO).

 

Rz. 587

OLG Bremen[553]

Wechselt ein Fahrer (2) vor einem Stauende von der linken auf die rechte Fahrspur, haftet er für einen Unfall, der dadurch entsteht, dass ein Fahrzeug (3) auffährt, zu 80 %. Dies gilt auch dann, wenn der Nachfahrende (3) mit einer um 15 % überhöhten Geschwindigkeit unterwegs war.

 

Rz. 588

OLG Hamm[554]

Schert ein Fahrzeug (1) kurz vor einem Stauende nach links auf die Überholspur aus, haftet dessen Fahrer zu 75 % für einen Schaden, der dadurch entsteht, dass hierdurch die Bremsstrecke des auf dieser Überholspur nachfolgenden Fahrzeugs (2) am Ende des Autobahnstaus verkürzt wurde.

 

Rz. 589

OLG Hamm[555]

Kommt es auf einer ansteigenden Strecke auf der Autobahn zu einem Auffahrunfall, weil die Fahrzeuge (1) und (2) verkehrsbedingt anhalten müssen und das dritte Fahrzeug (3) auf (2) auffährt und dieses auf (1) aufschiebt, haftet der Fahrer des Wagens (3) zu 100 %.

 

Rz. 590

OLG Frankfurt a.M.[556]

Liegen Gegenstände auf der Fahrbahn einer Bundesautobahn, die ihrer Größe und ihrem Gewicht nach Verkehrsteilnehmer gefährden können, und sind diese Gegenstände nach den Umständen für herannahende Kraftfahrer nicht ohne weiteres zu erkennen, muss die zum Gefahrenort gerufene Polizei unter Nutzung der Warneinrichtungen des Streifenwagens für eine Absicherung des betroffenen Fahrbahnbereichs sorgen. Die Polizeibeamten hatten die tatsächliche Möglichkeit, die Gefahr abzuwenden. Sie hätten sich mit ihrem Fahrzeug unter dem Schutz seiner Warneinrichtungen – konkret also des blauen Rundumlichts des Streifenwagens – auf die Überholspur begeben können, den Streifenwagen in angemessener Entfernung vor der Gefahrenstelle abstellen und die Gefahr drohenden Gegenstände entfernen können. Ein solches Vorgehen war den Polizeibeamten auch zuzumuten. Nachdem sie nicht so verfahren sind, haftet der Staat aus Amtshaftungsgrundsätzen für den entstandenen Schaden.

 

Rz. 591

LG Gießen[557]

Fährt ein Fahrzeug (3) bei Dunkelheit und Regen mit 100 bis 120 km/h auf ein vorausfahrendes Fahrzeug (2), das mit ca. 60 km/h unterwegs ist, auf, haftet der Auffahrende (3) zu 80 %.

 

Rz. 592

LG München I[558]

Bremst auf einer BAB ein voranfahrendes Kfz ohne zwingenden Grund stark ab und nötigt dadurch die nachfolgenden Fahrzeuge zur Notbremsung, haftet der Voranfahrende für dadurch entstehende Schäden der nachfolgenden Fahrzeuge (hier: Sturz eines Motorradfahrers mit Beifahrer). Der Motorradfahrer muss sich eine Mithaftung anrechnen lassen, weil er den nötigen Sicherheitsabstand nicht eingehalten hatte. Er hätte gem. § 4 Abs. 1 S. 1 StVO einen so großen Abstand einhalten müssen, dass er auch bei einem plötzlichen Bremsen anhalten hätte können. Offensichtlich war er wegen eines geplanten Fahrstreifenwechsels nicht nach Vorne orientiert.

 

Rz. 593

LG Memmingen[559]

Die unterlassene Betätigung der Warnblinkanlage bei Annäherung an einen Stau im Autobahnverkehr führt bei einem Auffahrunfall regelmäßig zu einer Mithaftung des Geschädigten aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs in Höhe von 25 % des Schadens. Ein besonders aufmerksamer, besonnener und vorsichtiger Kraftfahrer hätte die Warnblinkanlage seines Fahrzeugs betätigt, wenn sich der Verkehr auf der Überholspur einer Autobahn aus einem Geschwindigkeitsbereich von 120 km/h bis 130 km/h auf einen solchen von 20 km/h bis 30 km/h durch das Ausscheren eines Lastwagens zum Überholen verringert hätte. Dies war im Hinblick auf den sich bildenden Stau und das notwendige Verlangsamen der Fahrzeuge angebracht. § 16 StVO erlaubt dies in einer solchen Situation auch zum einen ausdrücklich, zum anderen ergibt sich die Sinnhaftigkeit eines derartigen Verhaltens aus der Gefährlichkeit hoher Geschwindigkeitsdifferenzen.

 

Rz. 594

AG Achim[560]

Kommt es aufgrund eines Unfalls zu einem Stau, hat der im Stau Stehende keinen Anspruch gegen den Fahrer, der den Unfall verursacht hat. Es fehlt an der für einen Anspruch aus § 7 StVG erforderlichen Unmittelbarkeit des den Schaden verursachenden Ereignisses.

[552] r+s 1987, 157.
[553] VersR 1997, 253 = zfs 1996, 252.
[554] NZV 1994, 484.
[555] r+s 1994, 11 = NZV 1994, 109.
[556] DAR 2003, 556 = MDR 2004, 445 = r+s 2004, 433 = VersR 2004, 1561 = VM 2004, 13 = VM 2004, 13.
[557] NZV 1993, 115.
[558] VRUNDSCH 2006, 56.
[559] DAR 2007, 709.
[560] Urt. v. 22.3.2006 – 10 C 632/05, n.v.

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