Rz. 968

 

Rz. 969

OLG Hamm[909]

Pkw-Fahrer (1) sieht ein außergewöhnlich schwer erkennbares Hindernis (dunkles Eisenteil auf nasser Schwarzdecke) auf der Autobahn-Überholspur nicht rechtzeitig. Sein Pkw schleudert das Eisenteil hoch und dieses beschädigt Fahrzeug (2). Der Fahrer von (2) verreißt hierdurch die Lenkung und kommt ins Schleudern. Das Fahrzeug (2) gerät an die linke Leitplanke. Der Halter des Fahrzeugs (1) haftet lediglich zu 50 % aus der Betriebsgefahr, weil eine Kollision mit dem Eisenteil auch bei geringer Geschwindigkeit nicht zu vermeiden gewesen wäre. Gleich hoch ist die Betriebsgefahr des Fahrzeugs (2) anzusetzen.

 

Rz. 970

BGH[910]

Das Sichtfahrgebot gebietet es nicht, dass der Fahrer seine Geschwindigkeit auf solche Objekte (hier quer über einen für die Nutzung durch Radfahrer zugelassenen Weg gespannter, nicht auffällig gekennzeichneter Stacheldraht) einrichtet, die sich zwar bereits im Sichtbereich befinden, mit denen der Fahrer – bei Anwendung eines strengen Maßstabs – jedoch unter keinem vertretbaren Gesichtspunkt rechnen muss. Dies betrifft etwa Hindernisse, die wegen ihrer besonderen Beschaffenheit ungewöhnlich schwer erkennbar sind oder deren Erkennbarkeit in atypischer Weise besonders erschwert ist und auf die nichts hindeutet. Die falsche Reaktion eines Verkehrsteilnehmers stellt keinen vorwerfbaren Obliegenheitsverstoß dar, wenn dieser in einer ohne sein Verschulden eingetretenen, für ihn nicht vorhersehbaren Gefahrenlage keine Zeit zu ruhiger Überlegung hat und deshalb nicht das Richtige und Sachgerechte unternimmt, um den Unfall zu verhüten, sondern aus verständlichem Erschrecken objektiv falsch reagiert. Einen Jagdpächter treffen Verkehrssicherungspflichten für die ihm bekannten, von einem Vorpächter mit einer jagdlichen Zielsetzung geschaffenen Einrichtungen. Eine jagdliche Zielsetzung ist auch die Schaffung von Ruhezonen für das Wild. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist derjenige, der eine Gefahrenlage schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Ein quer über einen für die Nutzung durch Radfahrer zugelassenen Weg gespannter, nicht auffällig gekennzeichneter doppelter Stacheldraht ist im wörtlichen wie auch im rechtlichen Sinne verkehrswidrig. Eine hinreichend deutliche Kennzeichnung bestand auch nicht in dem an den Drähten befestigten Verkehrsschild. Unter diesen Umständen haftet die für die Verkehrssicherungspflicht zuständige Partei zu 100 %.

 

Rz. 971

OLG Hamm[911]

Verliert ein Lkw (1) eine Warntafel und wird diese von einem nachfolgenden Lieferwagen (2) überfahren, wodurch ein weiteres Fahrzeug beschädigt wird, haftet der Halter des Fahrzeugs (1) zu 100 % für den entstehenden Schaden. Der Fahrer des die Warntafel überfahrenden Lieferwagens haftet für den Drittschaden nicht mit.

 

Rz. 972

OLG Köln[912]

Befinden sich Reifen- oder Fahrzeugteile auf der Fahrbahn, die kleiner als ein Reifen sind, so ist von einer Erkennbarkeit der Teile nicht auszugehen, es sei denn, es wird gesondert auf die Gefahrensituation hingewiesen. Bis zur Größe eines Reifens liegt eine Erkennbarkeit nicht nahe, es sei denn besondere, hier nicht vorgetragene Umstände, weisen auf eine Gefahrsituation hin.

 

Rz. 973

OLG Koblenz[913]

Verliert ein Fahrzeug Öl auf der Fahrbahn und kommt es aufgrund des Öles zu einem Unfall eines nachfolgenden Fahrzeugs, haftet der Halter des Öl verlierenden Fahrzeugs zu 100 % für die Unfallfolgen, wenn die Erkennbarkeit der Ölspur für den nachfolgenden Fahrer und die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit nicht bewiesen sind. Die Ölspur widerlegt den Beweis des ersten Anscheins.

 

Rz. 974

OLG München[914]

Verliert eine Zugmaschine auf der Autobahn ein auf einem Anhänger transportiertes Fahrzeug, spricht der Anscheinsbeweis für eine Verletzung der Vorschriften zur ordnungsgemäßen Sicherung der Ladung. Der Unfall beruht ursächlich auf der Gefahrenlage, in die der Betrieb des ziehenden Fahrzeugs das transportierte Fahrzeug gebracht hat.

 

Rz. 975

OLG Karlsruhe[915]

Wer in einem öffentlichen Park ohne weitere Sicherungsmaßnahmen über einen Rad- und Fußweg eine sogenannte Slackline spannt, verstößt gegen § 823 BGB i.V.m. § 315b StGB und § 32 StVO. Kommt es zu einem Unfall, weil ein Radfahrer diese Leine zu spät erkannt hatte und nicht mehr abbremsen konnte, haften die Personen, die diese Slackline gespannt hatten, zu 100 %. Durch eine Drehung der circa 3 bis 5 Zentimeter breiten und circa 2 bis 3 Millimeter hohen Slackline konnte diese erst circa 5 Meter vorher als Hindernis erkannt werden.

 

Rz. 976

LG Duisburg[916]

Überfährt ein Kfz-Fahrer nachts eine stark alkoholisierte Person, die mitten auf der Straße liegt, haftet er zu ⅓. Er hat das Sichtfahrgebot des § 3 Abs. 1 StVO nicht beachtet. Dieses gebietet jedem Kfz-Führer, seine Geschwindigkeit so anzupassen, dass er jederzeit vor einem nicht beleuchteten Hindernis, sowohl beweglicher als auch unbeweglicher Art, rechtzeitig zum Stehen ko...

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