Rz. 2638

 

Rz. 2639

LG Marburg[2474]

Verkehrsteilnehmer sind gesondert zu warnen, wenn Verkehrsregeln geändert werden, deren Missachtung besonders gefährlich ist. Unterlässt es die Straßenverkehrsbehörde (3), auf die Änderung einer langjährig bestehenden Vorfahrtsregelung einer Kreuzung hinzuweisen, so haftet sie bei einer Kollision zweier Fahrzeuge (1) und (2) im Kreuzungsbereich nur wenige Tage nach der Vorfahrtsänderung zu ¾ wegen Verletzung ihrer Amtspflicht.

 

Rz. 2640

OLG Brandenburg[2475]

Nur wenn der Umfang des Verkehrsaufkommens, die Unübersichtlichkeit der Verkehrswege oder die Schnelligkeit des Verkehrs die Annahme nahe legen, die Aufmerksamkeit eines durchschnittlichen Verkehrsteilnehmers könne so stark in Anspruch genommen sein, dass er eine Änderung einer seit langem bestehenden Verkehrsregel – hier baustellenbedingte Änderung der Vorfahrtregelung – nicht erfasst, muss die Verkehrsbehörde zusätzliche Schritte zur Warnung vor der Änderung unternehmen. Die beklagte Straßenverkehrsbehörde war nicht verpflichtet, durch eine besondere Beschilderung oder Linienmarkierung auf der Straße gesondert auf die geänderte Vorfahrt hinzuweisen. Die Verwaltungsvorschrift IV zu § 41 StVO enthält die Regelung, dass bei Änderungen von Verkehrsregeln, deren Missachtung besonders gefährlich ist, eine gesonderte Warnung vorzunehmen ist. Die Vorschrift billigt einen Ermessensspielraum zu, ob eine besondere Gefahrenlage gegeben ist.

 

Rz. 2641

OLG Düsseldorf[2476]

Wird eine langjährig bestehende Vorfahrtsregelung neu geregelt, muss die Straßenverkehrsbehörde auf die Neuregelung der Vorfahrt augenscheinlich und in großem Abstand vor dem Kreuzungsbereich aufmerksam machen. Dies muss erfolgen, um Verkehrsteilnehmer, die mit der alten geänderten Vorfahrtsregelung seit Jahren vertraut sind, auf die Änderung besonders hinzuweisen. Diese hoheitliche Pflicht ist deshalb in den Verwaltungsvorschriften angeordnet und auch geboten, weil die Änderung gewohnter Verkehrsregelungen für diese Verkehrsteilnehmer zu einer besonderen Gefahrerhöhung führen. Der auf der ihm vertrauten Straße fahrende Verkehrsteilnehmer achtet nämlich erfahrungsgemäß nicht in der Weise auf Verkehrszeichen wie der orts­unkundige Fahrer. Die Verwaltungsvorschrift zu § 41 StVO trägt damit dem nach der Lebenserfahrung auftretenden Gewohnheitsverhalten von Verkehrsteilnehmern richtigerweise Rechnung.

 

Rz. 2642

OLG Koblenz[2477]

Das Straßenbauamt (3) haftet aus Verletzung der Verkehrssicherungspflicht für einen Ampelmast, den die Baufirma schlecht verankert hat, zu 25 %, wenn diesen der Wind derart verdreht, dass das Rotlicht für einen Motorradfahrer (1) nur noch schlecht zu erkennen ist. Den Motorradfahrer (1), der dieses Rotlicht missachtet und mit einem vorfahrtberechtigten Kfz (2) zusammenstößt, trifft allerdings ein hohes Mitverschulden, so dass er zu 75 % haftet.

 

Rz. 2643

LG Marburg[2478]

Verkehrsteilnehmer sind gesondert zu warnen, wenn Verkehrsregeln geändert werden, deren Missachtung besonders gefährlich ist. Unterlässt es die Straßenverkehrsbehörde, auf die Änderung einer langjährig bestehenden Vorfahrtsregelung einer Kreuzung hinzuweisen, haftet sie bei einer Kollision zweier Fahrzeuge im Kreuzungsbereich nur wenige Tage nach der Vorfahrtsänderung zu ¾ wegen Amtspflichtverletzung.

[2474] DAR 1997, 279 = VersR 1998, 190 (LS) = zfs 197, 364.
[2475] NZV 2002, 400 = PVR 2002, 340 = VRS 102, 336 = ZAP Fach 9 R 237 bei Ludovisy.
[2476] SP 2002, 124.
[2477] NZV 1994, 192.
[2478] DAR 1997, 279 = VersR 1998 190 (LS) = zfs 1997, 364.

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