Rz. 2361

 

Rz. 2362

OLG Nürnberg[2216]

Im Baustellenbereich einer Autobahn muss vor einem 60 × 40 cm großen, 10 cm tiefen Schlagloch besonders gewarnt werden. Nicht ausreichend ist die wegen der Baustelle angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h. Das verkehrssicherungspflichtige Bundesland (2) haftet für diesbezügliche Schäden am Fahrzeug eines Pkw-Fah­rers (1) zu ¾, wenn ein Auffüllen der Schlaglöcher mit Heißmischgut oder eine Warnung durch das Zeichen 101 der StVO mit zusätzlichem Hinweis auf Schlaglöcher nicht erfolgte. Soweit der Pkw-Fahrer (1) nicht nachweisen kann, dass ein überdurchschnittlich sorgfältiger, besonders aufmerksamer Fahrer ebenfalls die Schlaglöcher bei Dunkelheit nicht hätte erkennen können, haftet er aus der Betriebsgefahr seines Fahrzeugs zu ¼ mit.

 

Rz. 2363

BGH[2217]

Besteht der desolate Zustand eines Gehwegs schon seit Jahren, ohne dass Abhilfe geschaffen wurde, enthebt die Erkennbarkeit einer Gefahrenquelle den für die alsbaldige Wiederherstellung der Verkehrssicherheit des Gehwegs Sorge tragenden nicht von der Notwendigkeit der alsbaldigen Wiederherstellung der Verkehrssicherheit. Die öffentlichen Straßen sind im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Landes B. so zu unterhalten, dass sie dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügen. Im Falle eines nicht verkehrssicheren Zustands ist zu veranlassen, dass bis zur Wiederherstellung eines verkehrssicheren Zustands eine Gefährdung der Verkehrsteilnehmer durch Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen ausgeschlossen ist. Im Übrigen ist für eine alsbaldige Wiederherstellung des verkehrssicheren Zustands der Straße zu sorgen.

 

Rz. 2364

BGH[2218]

Birgt die Mangelhaftigkeit eines Straßenbelags das Risiko einer nachhaltigen Funktionsbeeinträchtigung, besteht grundsätzlich ein objektiv berechtigtes Interesse des Auftraggebers an der Mängelbeseitigung. Etwas anderes kann gelten, wenn der Auftragnehmer nachweist, dass sich dieses Risiko aller Voraussicht nach nicht vor einem Zeitpunkt verwirklichen wird, der kurz vor dem Ende der üblichen Nutzungsdauer liegt. Das Berufungsgericht durfte der Sicherungspflichtigen den Anspruch auf die Mangelbeseitigungskosten nicht deshalb versagen, weil der "Warnwert", jenseits dessen der Straßenbelag ersetzt werden muss, noch nicht überschritten ist und der Zeitpunkt nicht feststeht, zu dem er überschritten wird. Sie hat nicht erst ab diesem Zeitpunkt ein objektiv berechtigtes Interesse an der Mängelbeseitigung. Dieses hat sie vielmehr grundsätzlich bereits von vornherein wegen des in der Mangelhaftigkeit des Belags liegenden Risikos einer nachhaltigen Funktionsbeeinträchtigung.

 

Rz. 2365

BGH[2219]

Ein Fußgänger muss bei Benutzung des Bürgersteigs in einer Stadt nicht dauernd nach unten blicken. Entgehen ihm Unebenheiten in der Gehwegoberfläche, ist ihm dies nicht zum Vorwurf zu machen und als unaufmerksam zu bezeichnen.

 

Rz. 2366

BGH[2220]

Stürzt ein Fußgänger in unmittelbarer Nähe einer Gefahrenstelle, so liegt nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises der Schluss nahe, dass die Gefahrenstelle Ursache des Sturzes war. Die Darlegungslast des Fußgängers wird hierdurch verkürzt. Er muss weder vortragen noch bei Bestreiten der Verkehrssicherungspflichtigen zur Überzeugung des Gerichts beweisen, wie im Einzelnen es zu dem Unfall gekommen ist. Den für ihn streitenden Beweis des ersten Anscheins für eine Unfallursächlichkeit der Gefahrenstelle zu erschüttern, ist vielmehr Sache der Verkehrssicherungspflichtigen. Sie hat daher zumindest die ernsthafte Möglichkeit eines atypischen Geschehensablaufs, d.h. eines nicht auf die Gefahrenstelle zurückgehenden Unfallhergangs, darzutun und ggf. nachzuweisen. Es genügt, dass der Fußgänger, wie er es im Kern stets behauptet hat, wegen des gefährlichen Lochs im Fußweg oder der herumliegenden, ähnlichen Pflastersteine zu Fall gekommen sein will.

 

Rz. 2367

OLG Schleswig[2221]

Zur Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht reicht es aus, gewissenhaft zu prüfen, ob sichtbare Beschädigungen vorliegen, sofern der Belag eines Gehsteigs keine Auffälligkeiten aufweist. Die Verkehrssicherungspflicht bestimmt sich nach der Art und dem Umfang der Benutzung eines Gehwegs, auch auf einem Sportplatz, und umfasst die notwendigen Maßnahmen zur Herbeiführung und Erhaltung eines für den Verkehrsteilnehmer, den Fußgänger, hinreichend sicheren Zustands.

 

Rz. 2368

OLG Celle[2222]

Ein Fußgänger muss in Fußgängerzonen nicht mit Vertiefungen, Niveauunterschieden und Kanten im Bodenbelag rechnen. Die Zonen sind auf die Bedürfnisse der Fußgänger zugeschnitten. Ist ein baulicher Absatz im Straßenbelag unter normalen Umständen hinreichend erkennbar, kann es das Abhalten eines Wochenmarktes erforderlich machen, den Absatz besonders kenntlich zu machen. Bei solchen Veranstaltungen sind die Besucher vermehrt abgelenkt. Sie achten nicht auf die Bodenbeschaffenheit. Außerdem wird durch die Beschicker des Marktes und ihre Stände die Trennung von "Fahrbahn" und "Gehweg" verwischt. Kommt ein Fußgänger zu Fall und v...

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