Rz. 14

Nach verschiedenen Schätzungen soll es in Deutschland noch rund 10.000 englische private limited companies geben, die ihren Satzungssitz im Vereinigten Königreich und ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben (Scheinauslandsgesellschaften bzw. unechte Auslandsgesellschaften). Bei den meisten dieser Gesellschaften ist in den deutschen Handelsregistern eine inländische Zweigniederlassung eingetragen. Was passiert in Zukunft mit diesen Zweigniederlassungen? Können diese unverändert bestehen bleiben? Welche Änderungen sind ggf. zum Handelsregister anzumelden? Welche Nachweise müssen dabei vorgelegt werden? Kann das Registergericht die Eintragung von Amts wegen löschen? Diese (und viele andere) Fragen werden sich in den nächsten Jahren im Zusammenhang mit der Abwicklung der Zweigniederlassungen stellen.

 

Rz. 15

Rund 3.000 englische private limited companies sollen in Deutschland als persönlich haftende Gesellschafter von Ltd. & Co. KG’s im Handelsregister eingetragen sein. Bei diesen Gesellschaften ist zunächst zu klären, ob und in welcher Rechtsform diese fortbestehen und welche Anmeldungen zum Handelsregister vorzunehmen sind.

 

Rz. 16

Einige Scheinauslandsgesellschaften bzw. deren Zweigniederlassungen sind auch als Eigentümer in deutschen Grundbüchern eingetragen. Auch hier stellt sich die Frage, nach einer erforderlichen Berichtigung des Grundbuchs und den entsprechenden Nachweisen.

 

Rz. 17

Unberührt vom Brexit bleiben dagegen die gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen für solche Gesellschaften, die ihren Satzungs- und Verwaltungssitz im Vereinigten Königreich haben (echte Auslandsgesellschaften in Abgrenzung zu den hier behandelten Scheinauslandsgesellschaften bzw. unechten Auslandsgesellschaften). Diese sind Kapitalgesellschaften englischen Rechts und werden in Deutschland auch als solche anerkannt. Dies betrifft beispielsweise viele Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen im Vereinigten Königreich.

 

Rz. 18

Im Übrigen hat der Brexit weitreichende Folgen für viele andere Unternehmen, wie etwa Europäische Aktiengesellschaften (SE)[18] mit Satzungs- und Verwaltungssitz im Vereinigten Königreich oder Anwaltsgesellschaften[19] in der Rechtsform der LLP.[20] Diese Fragen sollen hier indes nicht weiter vertieft werden.

[18] Zur SE, die seit dem 1.1.2021 im Vereinigten Königreich nicht mehr errichtet werden kann, und deren zwangsweiser Umwandlung in eine UK Societas siehe The European Public Limited Liability Company (Amendment etc.) (EU Exit) Regulations 2018, SI 2018/1298, Volltext unter www.legislation.gov.uk. Näher dazu Schmidt, J., GmbHR 2021, 229 (237 ff.).
[19] Zur Zurückweisung einer im EU-Ausland niedergelassenen Steuerberatungsgesellschaft wegen geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen für inländische Steuerpflichtige siehe BFH, Beschl. v. 2.12.2020, VII R 14/20, DStR 2021, 943 mit Anm. Jatzke (eine in einem anderen Mitgliedstaat ansässige, nicht in Deutschland niedergelassene und nicht nach § 32 Abs. 3, §§ 49 ff. StBerG anerkannte Steuerberatungsgesellschaft, die unter Berufung auf die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV grenzüberschreitende Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige erbringen will, muss nachweisen, dass sich ihre Tätigkeit nicht ausschließlich auf solche grenzüberschreitenden Beratungsleistungen für inländische Steuerpflichtige beschränkt, sondern dass sie auch in dem Mitgliedstaat, in dem sie ansässig ist, gegenüber den dort ansässigen Steuerpflichtigen vergleichbare Dienstleistungen erbringt).
[20] Zur (nicht mehr bestehenden) Befugnis von ausländischen Anwaltsgesellschaften, insbesondere inländischen Zweigniederlassungen von UK-LLP, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen in Deutschland nach dem Brexit siehe u.a. Hartung/Uwer, EuZW 2020, 1007; Henssler, NJW 2021, 503; Kilian, BB 2021, 323. Siehe ferner die am 1.1.2021 in Kraft getretene Verordnung zur Anpassung des anwaltlichen Berufsrechts an den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union vom 10.12.2020, BGBl I 2020, 2929. Zur (fehlenden) Postulationsfähigkeit einer englischen LLP siehe BFH, Beschl. v. 11.6.2019, XI B 98/18, BFH/NV 2019, 1233 = WM 2020, 173 = IStR 2020, 177. Zur Irreführung durch Registereintragung der deutschen Niederlassung einer englischen LLP mit Sitz in London und zur unzulässigen Erbringung von Hilfeleistungen in Steuersachen in Deutschland siehe BGH, Urt. v. 10.12.2020, I ZR 26/20, DB 2021, 951 = ZIP 2021, 1465 = NZG 2021, 988 = DStRE 2021, 570 (Vorinstanz: OLG Hamm, Urt. v. 7.1.2020, I 4 U 88/18 (Az. BGH I ZR 26/20), DStR 2020, 462 mit Anm. G. Wacker = DStRE 2020, 1079). Allgemein zum Vergleich zwischen den beiden Rechtsformen PartmbB und UK-LLP Kühn, PartGmbB und UK-LLP als hybride Gesellschaftsformen, Tübingen 2017.

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