I. Englisches Companies House

 

Rz. 146

Im englischen Companies House ist und bleibt die englische private limited company unverändert eingetragen.[103] Maßgebend ist insoweit die Sicht des englischen Rechts. Bei der private limited company handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft englischen Rechts mit Satzungssitz im Vereinigten Königreich. Der Verwaltungssitz der Gesellschaft kann im Vereinigten Königreich oder im Ausland (z.B. Deutschland) liegen. Für den rechtlichen (Fort-)Bestand der Gesellschaft ist dies ohne Bedeutung.

 

Rz. 147

Die Rechtslage hat sich insoweit durch den Brexit nicht geändert. Dies gilt unabhängig davon, wo die Gesellschaft ihren Verwaltungssitz hat. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Gesellschaft im Vereinigten Königreich nachhaltig unternehmerisch tätig ist ("engaged in substantive business operations in the territory of the United Kingdom").

 

Rz. 148

Die englische private limited company ist auch nach dem 1.1.2021 eine ordnungsgemäß errichtete und bestehende Kapitalgesellschaft englischen Rechts und kann damit die ausländische Hauptgesellschaft einer inländischen Zweigniederlassung sein. Dies gilt aus englischer Sicht sowohl für echte als auch für unechte Auslandsgesellschaften.

Anmeldungen zum englischen Companies House sind nicht veranlasst.[104]

[103] Zu den (hier nicht behandelten) Fällen der zwangsweisen Löschung einer englischen private limited company im Vereinigten Königreich, insbesondere wegen Verstößen gegen die gesetzlichen Offenlegungs- und Publizitätspflichten, siehe BGH, Beschl. v. 22.11.2016, II ZB 19/15, BGHZ 212, 381 = ZIP 2017, 421 = DB 2017, 479 = BB 2017, 460 = DStR 2017, 673 = NZG 2017, 347 mit Anm. Froehner = GmbHR 2017, 367 mit Anm. Seggewiße/Weber = DNotZ 2017, 551 mit Anm. Primaczenko/Fröhlich = EWiR 2017, 231 (Bayer/Unglaube) = GWR 2017, 139 mit Anm. Otte-Gräbener = WuB 2017, 329 mit Anm. J. Schmidt (Fortbestand einer ausländischen Gesellschaft, hier mit Sitz in Nassau, Bahamas, als Restgesellschaft für ihr in Deutschland belegenes Restvermögen sowie Bestellung eines Nachtragsliquidators für einzelne Abwicklungsmaßnahmen entsprechend § 273 Abs. 4 S. 1 AktG); KG Berlin, Beschl. v. 6.6.2018, 22 W 22/18, GmbHR 2018, 1210 = ZIP 2019, 123 (Fortbestehen nach Löschung im Heimatstaat als Restgesellschaft zum Zweck der Liquidation); OLG Brandenburg, Urt. v. 27.7.2016, 7 U 52/15, ZIP 2016, 1871 = BB 2016, 2899 mit Anm. Otte-Gräbener = EWiR 2017, 169 (Rehahn) (zum Umgang mit dem in Deutschland belegenen Vermögen einer gelöschten englischen private limited company). Ausführlich zum Ganzen u.a. Brzoza, GmbHR 2020, 97; Hübner, IPrax 2017, 575. Zu den steuerlichen Folgen der Löschung einer britischen Limited aus dem britischen Handelsregister siehe BMF, Schreiben vom 19.10.2017, BStBl I 2017, 1437 = DStR 2017, 2338 = DB 2017, 2517, und zuvor BMF, Schreiben vom 6.1.2014, BStBl I 2014, 111 = DStR 2014, 145 = DB 2014, 152.
[104] Siehe dazu auch die aktuellen Hinweise im Zusammenhang mit dem Brexit auf der Internetseite des Companies House: www.gov.uk/government/organisations/companies-house.

II. Deutsches Handelsregister

1. Vorbemerkung

 

Rz. 149

Für das deutsche Handelsregister gilt deutsches Recht (lex fori).[105] Das deutsche (Handelsregister-)Recht ist auch dann maßgebend, wenn es sich um die inländische Zweigniederlassung einer englischen private limited company handelt, für die englisches Gesellschaftsrecht gilt.

 

Rz. 150

Aus deutscher Sicht hat sich die Rechtslage zum 1.1.2021 allerdings erheblich geändert. Es kommt jetzt entscheidend darauf an, ob es sich bei der englischen private limited company um eine echte Auslandsgesellschaft (siehe Rdn 153 ff.) oder um eine unechte Auslandsgesellschaft (siehe Rdn 163 ff.) handelt.

 

Rz. 151

Für die Abgrenzung zwischen echten und unechten Auslandsgesellschaften (siehe Rdn 66 ff.) kommt es darauf an, ob die englische private limited company im Vereinigten Königreich nachhaltig unternehmerisch tätig ist ("engaged in substantive business operations in the territory of the United Kingdom"). Der Ort des Verwaltungssitzes hat insoweit nur indizielle Bedeutung, ist aber nicht alleine maßgebend. Ein Verwaltungssitz in Deutschland deutet gleichwohl darauf hin, dass im Vereinigten Königreich keine wesentliche unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird.

 

Rz. 152

Bei der überwiegenden Zahl der von deutschen Gründern errichteten englischen private limited companies handelt es sich um unechte Auslandsgesellschaften (Scheinauslandsgesellschaften), die ausschließlich in Deutschland (und nicht auch im Vereinigten Königreich) tätig sind. Den Schwerpunkt der nachfolgenden Darstellung bilden daher die unechten Auslandsgesellschaften (siehe Rdn 163 ff.).

[105] Siehe statt vieler Pentz, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, § 13d Rn 16 m.w.N.

2. Echte Auslandsgesellschaften

a) Ausgangssituation

 

Rz. 153

Bei den echten Auslandsgesellschaften handelt es sich um englische private limited companies mit Satzungs- und Verwaltungssitz im Vereinigten Königreich, die dort nachhaltig unternehmerisch tätig sind. Diese (echten) Auslandsgesellschaften sind in Deutschland auch nach dem 1....

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