Rz. 157

Eine gesetzliche Pflicht zur Handelsregisteranmeldung besteht bei echten Auslandsgesellschaften somit nicht. Gleichwohl könnte zumindest ein Recht bestehen, den unveränderten Fortbestand der englischen private limited company (echte Auslandsgesellschaft) freiwillig zum deutschen Handelsregister anzumelden.

 

Rz. 158

Die Rechtsprechung[106] geht allerdings davon aus, dass eine Eintragung von Tatsachen im Handelsregister nur dann zulässig ist, wenn diese entweder gesetzlich angeordnet ist oder dafür ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs besteht. Dies wird vor allem mit dem Grundsatz der Registerklarheit und der Publizitätsfunktion des Handelsregisters begründet. Die Gefahr einer Irreführung des Rechtsverkehrs durch die Eintragung sonstiger Tatsachen soll dadurch verhindert werden. Demnach kommt es darauf an, ob an der Eintragung des Fortbestehens der englischen private limited company als Kapitalgesellschaft englischen Rechts (echte Auslandsgesellschaft) ein erhebliches Bedürfnis des Rechtsverkehrs besteht. Dies ist zu bejahen.

 

Rz. 159

Im deutschen Handelsregister werden nur inländische Zweigniederlassungen von ausländischen Einzelkaufleuten oder juristischen Personen (Kapitalgesellschaften) eingetragen (§§ 13d ff. HGB). Dagegen ist die Eintragung von inländischen Zweigniederlassungen ausländischer Personengesellschaften nicht vorgesehen. Diese sind weder eintragungspflichtig noch eintragungsfähig.

Für die Publizitätsfunktion des Handelsregisters ist es daher von entscheidender Bedeutung, ob es sich bei der ausländischen Hauptniederlassung um eine Kapitalgesellschaft oder um eine Personengesellschaft handelt. Das deutsche Handelsregister würde einen falschen Anschein erwecken, wenn die Zweigniederlassung einer englischen Kapitalgesellschaft eingetragen ist, bei der es sich seit dem 1.1.2021 nicht mehr um eine Kapitalgesellschaft, sondern um eine Personengesellschaft handelt. Die Teilnehmer des Rechtsverkehrs würden dadurch in die Irre geführt. Das deutsche Handelsregister der inländischen Zweigniederlassung hat aber die Funktion, über die rechtlichen Verhältnisse der ausländischen Gesellschaft rechtssicher und zuverlässig zu unterrichten.

 

Rz. 160

Der Brexit hat in vielen Lebensbereichen zu großer Rechtsunsicherheit geführt. Die Rechtslage ist vielfach unklar. Daran wird sich auf absehbare Zeit nichts ändern. Eine Klärung der vielen Fragen des nationalen, europäischen und internationalen Rechts durch die (zuständigen) Gerichte wird noch lange Zeit dauern.

In dieser Zeit der Unsicherheit muss das Handelsregister für Sicherheit sorgen. Die (freiwillige) Anmeldung und Eintragung, dass die englische private limited company auch nach dem 1.1.2021 als Kapitalgesellschaft englischen Rechts (echte Auslandsgesellschaft) unverändert fortbesteht, muss daher möglich sein. Die Teilnehmer des Rechtsverkehrs haben ein berechtigtes Interesse, zu erfahren, ob die ausländische Gesellschaft als Kapitalgesellschaft überhaupt noch wirksam besteht und als solche auch anerkannt wird. Darüber hinaus hat auch die Zweigniederlassung ein Bedürfnis, im Rechtsverkehr nachzuweisen, dass sie auch nach dem 1.1.2021 noch wirksam besteht.

 

Rz. 161

Zwischenergebnis: Bei einer bestehenden inländischen Zweigniederlassung einer englischen private limited company kann freiwillig angemeldet werden, dass diese als Kapitalgesellschaft unverändert besteht und auch als solche anzuerkennen ist. Dies dient der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit.

[106] Siehe zuletzt etwa BGH, Beschl. v. 14.2.2012, II ZB 15/11, GmbHR 2012, 510 mit Anm. Werner = DB 2012, 682 = ZIP 2012, 623 = EWiR 2012, 627 (Floeth) = NZG 2012, 385 = DStR 2012, 866 = DNotZ 2012, 788 (zur Zulässigkeit der Eintragung eines Testamentsvollstreckervermerks im Handelsregister bei einem Kommanditanteil).

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