a) Allgemeines

 

Rz. 206

Anders ist die Rechtslage dagegen bei den unechten Auslandsgesellschaften (Scheinauslandsgesellschaften), die im Vereinigten Königreich (nur) ihren Satzungssitz haben und ausschließlich in Deutschland tätig sind. Dazu gehören in aller Regel auch Gesellschaften, deren Tätigkeit sich auf die Übernahme der Rolle als persönlich haftende Gesellschafterin bei einer deutschen KG beschränkt.

 

Rz. 207

Die bloße Beteiligung an einer englischen private limited company ist grundsätzlich keine nachhaltige unternehmerische Tätigkeit im Sinne des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigen Königreich (siehe Rdn 66 ff.).

 

Rz. 208

Die unechten Auslandsgesellschaften (Scheinauslandsgesellschaften) werden aus deutscher Sicht seit dem 1.2.2021 nicht mehr als Kapitalgesellschaften anerkannt. Vielmehr werden diese aus deutscher Sicht als Personengesellschaft bzw. Einzelunternehmen qualifiziert. Die (geplante) Reform des deutschen Personengesellschaftsrechts ändert daran nichts.[126] Die Neuregelung zum Sitzwahlrecht von Personengesellschaften (§ 706 BGB-E) ist eine reine Sachnorm und keine Kollisionsvorschrift (ähnlich wie auch § 4a GmbHG). Der deutsche Gesetzgeber wollte die umstrittenen Fragen des internationalen Gesellschaftsrechts auf diesem Wege nicht (nebenbei) mit regeln und sich auch nicht generell von der Sitztheorie verabschieden.

Für Unternehmen in der Rechtsform der Ltd. & Co. KG ergeben sich daraus weitreichende Folgen.

[126] Siehe Gesetzesentwurf der Bundesregierung, Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (Personengesellschaftsmodernisierungsgesetz – MoPeG), BR-Drucks 59/21 vom 22.1.2021. Das Gesetz soll am 1.1.2023 in Kraft treten. Ausführlich zum Ganzen u.a. Fleischer, DStR 2021, 483; Fleischer, DStR 2021, 430; Fleischer, BB 2021, 386; Heckschen, GWR 2021, 1; Lieder, ZRP 2021, 34; Noack, M., BB 2021, 643; Noack, M., DB 2020, 2618; Schmidt, K., ZHR 185 (2021) 16; Schollmeyer, NZG 2021, 129; Wertenbruch, GmbHR 2021, 1.

b) Mehrpersonen-Limited

 

Rz. 209

Bei einer englischen private limited company mit mehreren Gesellschaftern kommt es aus deutscher Sicht zu einer Umqualifizierung der englischen Kapitalgesellschaft in eine deutsche Personengesellschaft (je nach Tätigkeit §§ 705 ff. BGB bzw. § 105 ff. HGB).

 

Rz. 210

Eine Personengesellschaft & Co. KG ist in der Praxis unüblich, aber rechtlich zulässig (§§ 161 ff. HGB). Dies gilt sowohl für eine oHG & Co. KG (bei einer kaufmännischen Tätigkeit i.S.v. § 105 HGB) als auch für eine GbR & Co. KG (bei einer sonstigen Tätigkeit). Im Handelsgesetzbuch ist zwar nur geregelt, dass eine GbR Kommanditistin sein kann (§ 162 Abs. 1 S. 2 HGB). Im Hinblick auf die Vereinigungs- und Vertragsfreiheit muss eine GbR aber auch die Rolle als Komplementärin übernehmen können (§ 162 Abs. 1 S. 2 HGB analog).[127]

 

Rz. 211

Zivilrechtlich entfällt bei einer oHG & Co. KG bzw. einer GbR & Co. KG allerdings die Haftungsbeschränkung. Die Gesellschafter der oHG bzw. GbR haften dann persönlich und unbeschränkt auch für die Verbindlichkeiten der KG (§§ 128 ff. HGB).

 

Rz. 212

Im Steuerrecht stellt sich die Frage, ob eine oHG & Co. KG bzw. eine GbR & Co. KG gewerblich geprägt sein kann. Der Gesetzeswortlaut spricht dagegen, da danach ausschließlich eine "Kapitalgesellschaft" persönlich haftende Gesellschafterin sein muss (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Daran fehlt es bei einer oHG & Co. KG bzw. GbR & Co. KG. Allerdings wollte der deutsche Gesetzgeber sicherstellen, dass allein der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union zu keinen steuerlichen Nachteilen führt (siehe § 12 KStG). Danach müsste die frühere Qualifizierung der englischen private limited company als Kapitalgesellschaft zumindest steuerrechtlich über den 31.12.2020 fortwirken und für die gewerbliche Prägung ausreichen. Rechtsprechung liegt dazu aber noch nicht vor.[128]

 

Rz. 213

Im Bereich des Mitbestimmungsrechts (siehe §§ 1, 4 ff. MitbestG) führt die Umqualifizierung der Komplementärgesellschaft zu keiner Änderung der Rechtslage. Die oHG & Co. KG bzw. GbR & Co. KG unterliegt regelmäßig nicht der Mitbestimmung.

[127] Siehe dazu OLG Celle, Beschl. v. 27.3.2012, 9 W 37/12, ZIP 2012, 766 = DStR 2012, 918 = NZG 2012, 667 = EWiR 2012, 667 (Garbe).
[128] Siehe zum Steuerrecht auch die Nachweise oben in Fn 58, 85, 102 und 123.

c) Einpersonen-Limited

 

Rz. 214

Bei einer englischen private limited company mit nur einem Gesellschafter kommt es aus deutscher Sicht zu einer Umqualifizierung der englischen Kapitalgesellschaft in ein Einzelunternehmen bzw. einen Einzelkaufmann (je nach Tätigkeit §§ 1 ff., 17 ff. HGB).

 

Rz. 215

Die Rechtform des Einzelkaufmanns & Co. KG ist unüblich, aber nicht unzulässig. Es handelt sich dabei um eine Kommanditgesellschaft mit einer natürlichen Person als Komplementärin, die ihre Beteiligung ihrem einzelkaufmännischen Vermögen zugeordnet hat. Im Handelsregister der Kommanditgesellschaft (Abteilung HRB) kann dies entsprechend vermerkt werden (durch Bezugnahme auf die Eintragung des eingetragen...

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