Rz. 125

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehindert, auch während der Laufzeit der Kollektivvereinbarung nach § 3 BetrVG Umstrukturierungen vorzunehmen.[133]

Das gilt ohne weiteres für Strukturveränderungen, die das Substrat der durch Vereinbarung geschaffenen Organisationseinheit unberührt lassen. Bei solchen Umstrukturierungen aber, die die Identität der Einheit zerstören, stellt sich die Frage, ob nicht die Kollektivvereinbarung selbst ein Verbot der Auflösung der vereinbarten Betriebsstruktur enthält. Dann müsste diese vor der geplanten Umstrukturierung zunächst wirksam gekündigt werden.[134] Anerkannt ist zwar, dass die Vereinbarung selbst die Unzulässigkeit von Organisationsmaßnahmen regeln kann.[135] Überwiegend wird allerdings davon ausgegangen, dass regelmäßig dem Arbeitgeber auch identitätszerstörende Umstrukturierungen innerhalb der Organisationseinheit nicht verwehrt sind.[136] Verbote müssten sich aus der Kollektivvereinbarung eindeutig ergeben.[137] Das ist nicht gänzlich überzeugend.

 

Rz. 126

Insbesondere wenn solche Umstände geändert werden sollen, die gerade Anlass für die Kollektivvereinbarung waren, etwa die Aufgabe der Spartenorganisation, die die Grundlage für Spartenbetriebsräte nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG war, spricht einiges dafür, die Vereinbarung nach dem Willen der Parteien dahingehend auszulegen, dass während der Laufzeit der Vereinbarung die geschaffene Struktur auch aufrecht erhalten bleiben soll. Ist in der Vereinbarung sogar vorgesehen, dass eine Kündigung nur mit Wirkung auf den Zeitpunkt der regelmäßigen Betriebsratswahlen zulässig ist und der Betriebsrat bis zum Ablauf der regelmäßigen Amtszeit im Amt bleibt, bringen die Vertragsparteien damit regelmäßig zum Ausdruck, dass die während der ungekündigten Laufzeit der Vereinbarung klar geregelten und stabilen Strukturen aufrecht erhalten werden sollen.[138] Der Arbeitgeber wird hierdurch auch nicht unverhältnismäßig eingeschränkt. Immerhin hat er die Kollektivvereinbarung selbst abgeschlossen. Zudem bleibt er berechtigt, sie außerordentlich zu kündigen.

[133] Fitting u.a., § 3 Rn 86; Linsenmaier, RdA 2017, 128, 139; BAG v. 21.9.2011 – 7 ABR 54/10 Rn 48.
[134] Däubler, DB 2005, 666,668 f.; DKKW/Trümner, § 3 Rn 167 unter Verweis auf ArbG Nürnberg v. 23.7.2003 – 15 BVGa 25/03.
[135] Fitting u.a., § 3 Rn 86; DKKW/Trümner, § 3 Rn 198a.
[136] BAG v. 21.9.2011 – 7 ABR 54/10 Rn 43; Linsenmaier, RdA 2017, 128, 139.
[137] Fitting u.a., § 3 Rn 86.
[138] DKKW/Trümner, § 3 Rn 198a; LAG Köln v. 13.5.2015 – 9 TaBV 73/14 Rn 55; Sachadae, jurisPR-ArbR 40/2016 Anm.3.

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