Rz. 471

 

§ 7 SGB II – Leistungsberechtigte

(2) 1Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben.

2Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden.

3Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1. die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2. die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.

als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten

a) die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b) die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c) eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4. die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1. länger als ein Jahr zusammenleben,
2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.
 

Rz. 472

Die Schwierigkeit, das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft festzustellen, ist im Sozialhilferecht nicht überbewertet und als unüberwindlich empfunden worden.[382] Kriterien wurden im SGB II (§ 7 III Nr. 3 lit. c), IIIa SGB II, Rechtsänderung zum 1.8.2006[383]) sogar fixiert: Nach § 7 IIIa SGB II wird ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, vermutet, wenn Partner länger als ein[384] Jahr zusammenleben, mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

 

Rz. 473

Der Blick hinüber zum Sozialhilferecht kann allerdings nur indizielle Bedeutung haben. Die sozialhilferechtliche Gleichstellung von Ehe und nicht-ehelicher Gemeinschaft gilt nicht dem Schutz der nicht-ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern dient der Vermeidung einer Schlechterstellung ("Bestrafung") von Ehegatten (Schutz der Ehe) durch Anrechnung der Einkommen im Bereich der Sozialhilfe, Grundsicherung, Arbeitslosenhilfe und ALG II (siehe § 122 BSHG a.F.,[385] § 137 II AFG a.F., § 194 I 1 Nr. 2 SGB III a.F., § 9 II, V SGB II, §§ 20, 36 SGB XII, § 18 Nr. 4 WohngeldG, § 22b FRG). Die im SGB II (§ 7 III Nr. 3 lit. c, IIIa SGB II, Rechtsänderung zum 1.8.2006[386]) aufgestellten Kriterien können daher nicht uneingeschränkt übertragen werden.

[382] Groß, Forderungsübergang im Schadenfall, Schriftenreihe der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht – Homburger Tage 1998 (S. 15, 25) = DAR 1999, 340 weist auf Kriterien hin, die sich in der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfG v. 17.11.1992 – 1 BvL 8/87 – NJW 1993, 643) sowie des VIII. Zivilsenates des BGH (BGH v. 13.1.1993 – VIII ARZ 6/92 – NJW 1993, 999) finden, um nicht-eheliche Gemeinschaften zu typisieren.
[383] Art. 1 Nr. 7 i.V.m. Art. 16 des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende v. 20.7.2006 BGBl I 2006, 1706. Zur Gesetzesbegründung siehe BT-Drucks 16/1410, 19 f.
[384] Es gab bereits zuvor eine gängige Praxis der Arbeitsverwaltung, bei Zusammenleben von mehr als 3 Jahren eine eheähnliche Lebensgemeinschaft anzunehmen: LSG Nordrhein-Westfalen v. 17.2.2006 – L 19 B 85/05 AS ER – (Vorinstanz SG Düsseldorf – 35 AS 146/05 –).
[385] Zum Begriff der "eheähnlichen Gemeinschaft" i.S.d. § 122 S. 1 BSHG und § 137 IIa AFG: BVerwG v. 17.5.1995 – 5 C 16/93 – NJW 1995, 2802 m.w.N.; BVerfG v. 17.11.1992 – 1 BvL 8/87 – BGBl I 1993, 42 = BVerfGE 87, 234 = FamRZ 1993, 164 = JZ 1993, 144 (Anm. Seewald) = NJW 1993, 643 (Anm. Ruland NJW 1993, 2855) = NZS 1993, 72 (Anm. Bubeck NZS 1993, 247) = SGb 1993, 364 (Anm. Hase SGb 1993, 345) (Eine eheähnliche Gemeinschaft liegt bei verfassungskonformer Auslegung vor, wenn zwischen den Partnern so enge Bindungen bestehen, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen...

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