Rz. 490

Die häusliche Gemeinschaft muss eine gewisse (nicht von vornherein i.S.e. Besuches begrenzte[405]) Zeit andauern.[406] Eine bestehende häusliche Gemeinschaft wird durch die Entfernung eines Beteiligten nicht aufgehoben, wenn die Abwesenheit nur äußere Gründe hat und keine willkürliche Lösung vom bisherigen Lebensmittelpunkt gewollt ist.[407] Ein überwiegender Aufenthalt in der Familienwohnung ist nicht erforderlich. Eine Abwesenheit schadet nur, wenn sie auf einer willkürlichen Lockerung des Familienverbandes beruht.[408]

 

Rz. 491

Eine langjährige Haftstrafe unterbricht die häusliche Gemeinschaft, so dass bei einem Unfall während eines Hafturlaubes, bei dem entweder der Häftling von einem Familienmitglied verletzt/getötet wird oder aber umgekehrt ein Familienmitglied den Häftling verletzt/tötet, das Angehörigenprivileg mangels häuslicher Gemeinschaft regelmäßig nicht zum Tragen käme; anderes dürfte allerdings im Regelfall für Freigänger und Untersuchungsgefangene[409] gelten.

 

Rz. 492

Die häusliche Gemeinschaft wird nicht dadurch aufgehoben, dass ein Familienmitglied eine längerfristige anderweitige Tätigkeit übernimmt. Eine zeitweilige Abwesenheit auch von längerer Dauer (z.B. Montagetätigkeit, Seemann,[410] Fernfahrer, u.U. auch Studium[411]) hebt die häusliche Gemeinschaft nicht auf, sofern nur die Absicht besteht, an diesen Aufenthaltsort zurückzukehren.[412]

[405] BGH v. 29.1.1985 – VI ZR 88/83 – MDR 1985, 483 = NJW 1985, 1958 = r+s 1985, 128 = VersR 1985, 471 = zfs 1985, 106; BGH v. 15.1.1980 – VI ZR 181/78 – DAR 1980, 213 = MDR 1980, 570 = NJW 1980, 1468 = r+s 1980, 111 = VersR 1980, 526 = VRS 59, 14 = zfs 1980, 242 (Logierbesuch).
[406] BGH v. 12.11.1985 – VI ZR 223/84 – MDR 1986, 398 = NJW-RR 1986, 385 = VersR 1986, 333 = VRS 70, 191 = WI 1986, 26 = zfs 1986, 142 m.w.N. (Zwar zwei getrennte Wohnungen, aber gemeinsam verbrachte Abende); BGH v. 15.1.1980 – VI ZR 270/78 – DAR 1980, 178 = FamRZ 1980, 348 = LM Nr. 41 zu § 67 VVG = MDR 1980, 481 = r+s 1980, 133 = SGb 1981, 189 (Anm. Müller) = VersR 1980, 644 = VRS 58, 354 = WI 1980, 69 = zfs 1980, 171.
[407] BGH v. 16.2.1971 – VI ZR 150/69 – VersR 1971, 478 (Lediger Seeoffizier); BGH v. 2.11.1961 – II ZR 237/59 – VersR 1961, 1077 (Übernachtung im möblierten Zimmer); OLG Saarbrücken v. 14.3.1980 – 3 U 107/78 – VersR 1981, 542 = zfs 1981, 248 (Zeitsoldat); LG München I v. 11.11.1977 – 33 O 16438/76 – VersR 1978, 1140 (Einberufung zur Bundeswehr).
[408] OLG Wien v. 29.3.1995 – 13 R 28/95) – VersR 1996, 915 (nur Ls.) = ZVR 1995, 373 (Auswärtige Ausbildung mit dortigem Untermietverhältnis).
[409] Vgl. BGH v. 26.3.2014 – XII ZB 256/13 – (Untersuchungshaft begründet regelmäßig keinen gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen in einem Heim i.S.d. § 5 II 2 VBVG).
[410] BGH v. 16.2.1971 – VI ZR 150/69 – VersR 1971, 478 (Lediger Seeoffizier).
[411] KG v. 20.12.2011 – 6 U 64/11 – zfs 2014, 31.
[412] Vgl. auch BGH v. 10.2.2009 – VI ZR 28/08 – BGHReport 2009, 619 = DAR 2009, 327 = NJW 2009, 1482 = NJW-Spezial 2009, 266 = NZV 2009, 279 = r+s 2009, 207 = SP 2009, 171 = VersR 2009, 558 (Vorinstanz OLG Stuttgart v. 7.1.2008 – 5 U 161/07 – NZV 2008, 406); BGH v. 3.2.1993 – XII ZB 93/90 – FamRZ 1993, 798 = MDR 1993, 875 = NJW 1993, 2047 (zu Art 40 II 1 EGBGB).

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