1. Anfall

 

Rz. 204

Nach den Nrn. 7003 bis 7006 VV RVG können bei einer Geschäftsreise auch Fahrtkosten, Abwesenheitsgeld und sonstige Aufwendungen abgerechnet werden. Eine Geschäftsreise liegt nach Vorbem. 7 Abs. 2 VV RVG vor, wenn das Reiseziel außerhalb der Gemeinde liegt, in der sich die Kanzlei oder die Wohnung des Rechtsanwalts befindet. Auf die Entfernung kommt es daher nicht an. Entscheidend ist lediglich, dass der Anwalt die Grenzen der politischen Gemeinde verlässt. Dient eine Reise mehreren Geschäften, sind die entstandenen Auslagen nach dem Verhältnis der Kosten zu verteilen, die bei gesonderter Ausführung der einzelnen Geschäfte entstanden wären.

 

Rz. 205

Fahrtkosten für die Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs können dabei immer abgerechnet werden, andere Reisekosten nur, soweit sie angemessen sind. Es können immer nur die Kosten angesetzt werden, die auch tatsächlich angefallen sind, die Abrechnung fiktiver Kosten ist nicht zulässig.

2. Erstattung

 

Rz. 206

Auch hier liegt der Schwerpunkt der Differenzen in der Erstattung durch Dritte.

Bei einer Rechtsschutzversicherung ist zu beachten, dass diese in der Regel Reisekosten nur übernimmt, wenn die Entfernung zwischen Wohnsitz der Partei und Gerichtsort mehr als 100 km beträgt und dann nur bis zur Höhe der Kosten eines Verkehrsanwalts.

 

Rz. 207

Im Rahmen der Prozesskostenhilfe ist auf den Beiordnungsbeschluss zu achten. Grundsätzlich kann ein im Gerichtsbezirk niedergelassener Rechtsanwalt immer beigeordnet werden, § 121 Abs. 3 ZPO, § 78 Abs. 3 FamFG. Eine Einschränkung auf den Gerichtsort ist nicht mehr zulässig. Erfolgt diese dennoch, muss der Anwalt gegen den Beiordnungsbeschluss vorgehen, da die Einschränkung sonst für die Festsetzung bindend ist. Ein außerhalb des Gerichtsbezirks niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Wird keine Einschränkung vorgenommen, ist der Urkundsbeamte aber auch daran in der Festsetzung gebunden.

 

Rz. 208

Im Rahmen der Kostenfestsetzung sind die Streitigkeiten um die Reisekosten der Klassiker. Bei der Beauftragung eines auswärtigen Rechtsanwalts wird oft die Notwendigkeit angezweifelt. Die Rechtsprechung hierzu ist endlos. Allein BGH-Entscheidungen mit eigenem Entscheidungsnamen "Auswärtiger Rechtsanwalt" gibt es 9, dazu kommen weitere zahlreiche Leitsatzentscheidungen.

 

Rz. 209

Nach § 91 Abs. 2 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit zu erstatten, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Da der Wortlaut des § 91 Abs. 2 ZPO auf den Bezirk des Prozessgerichts abstellt, sind die Reisekosten eines im Gerichtsbezirk ansässigen Rechtsanwalts immer erstattungsfähig, auch wenn dieser weiter vom Gericht entfernt ist als die Partei. Im Übrigen gilt seit Jahren der vom BGH geprägte Grundsatz, dass jede Partei, die an einem auswärtigen Gericht klagt oder verklagt wird, einen Rechtsanwalt an ihrem Wohn- oder Geschäftsort beauftragen kann. Beauftragt sie einen Rechtsanwalt am Dritten Ort, sind dessen Reisekosten erstattungsfähig, soweit sie die eines Anwalts am Wohnort nicht übersteigen. Kommt die Partei aus dem Gerichtsbezirk und beauftragt eines Rechtsanwalt außerhalb, sind – bis zur Grenze der tatsächlich angefallenen Kosten – diejenigen fiktiven Reisekosten zu erstattet, die angefallen wären, wenn sie einen am entferntesten Ort des Gerichtsbezirks ansässigen Rechtsanwalt beauftragt hätte.[114]

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