Rz. 171

Die vorhergehende Abrechnung gilt dem Grunde nach auch, wenn in dem Verfahren Ansprüche mitverhandelt werden, die bereits in einem anderen Verfahren anhängig sind.

Da der Anwalt aus demselben Gegenstand die Gebühren jedoch nicht mehrfach abrechnen kann, sondern insgesamt nur einmal, sind im RVG für den Fall, dass eine Gebühr bereits im anderen Verfahren angefallen ist, Anrechnungsvorschriften enthalten. Für die Verfahrensgebühr gilt Anm. Abs. 1 zu Nr. 3101 VV RVG, bei der Terminsgebühr Anm. Abs. 2 zu Nr. 3104 VV RVG. Da ein solcher Vergleich nicht nur im erstinstanzlichen Verfahren, sondern auch in den Rechtsmittelinstanzen geschlossen werden kann, bestehen dort ähnliche Regelungen.

 

Rz. 172

In der Praxis stellt sich oft die Frage, wie die Anrechnung nach diesen teilweise sehr kompliziert formulierten Vorschriften konkret vorzunehmen ist. Greift in dem mitvergleichenden Verfahren die Kappungsgrenze nach § 15 Abs. 3 RVG, ist es falsch, bei der Verfahrensgebühr in dem mitverglichenen Verfahren die volle 0,8-Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV RVG anzurechnen, da diese aufgrund der Kappung gar nicht als Mehrbetrag verbleibt. Anzurechnen sind nur die Mehrbeträge, die aufgrund der Einbeziehung des anderweitig anhängigen Gegenstands entstanden sind. Da der Anwalt im Falle einer Anrechnung nach § 15a Abs. 1 RVG ein Wahlrecht hat, bei welcher der beiden Gebühren er die Anrechnung vornimmt, ist daher zur Vereinfachung zu überlegen, ob der Wert des einbezogenen Gegenstandes bei der Abrechnung nur bei den Gebührenarten berücksichtigt wird, die in dem einbezogenen Verfahren noch nicht angefallen waren, um die komplizierte Verrechnung zu vermeiden. Im Rahmen der Erstattung durch Dritte sollte bei unterschiedlicher Quote oder Deckungsumfang genau geprüft werden, welche der Varianten dem Mandanten den höchsten Erstattungsbetrag bringt.

 

Rz. 173

Anders abgerechnet wird hingegen, wenn mehrere zwischen den Parteien rechtshängige Verfahren gemeinsam verhandelt werden. Werden vom Gericht mehrere Verfahren zeitgleich terminiert und auch aufgerufen, ohne dass zuvor eine Verbindung erfolgte, bleibt es bei verschiedenen Angelegenheiten – die Terminsgebühr fällt dann in jedem Verfahren gesondert an und nicht nur einmal aus dem addierten Wert. Dies gilt auch dann, wenn die Verfahren verbunden werden, unmittelbar nachdem sie einzeln aufgerufen wurden und der Anwalt seine Vertretungsbereitschaft in beiden Verfahren erklärt hat. Die einmal entstandenen Terminsgebühren fallen durch die nachträgliche Verbindung nicht wieder weg.[99] Einigen sich die Parteien, ist weiter zu unterscheiden. Wird eine Gesamteinigung über die Ansprüche aus den verschiedenen Verfahren erzielt, entsteht eine Einigungsgebühr aus dem Gesamtwert der in die Einigung einbezogenen Ansprüche in dem Verfahren, in dem die Einigung erzielt wurde. Hat man sich hingegen in jedem Verfahren gesondert geeinigt, dürfte die Einigungsgebühr auch in jedem Verfahren aus dem maßgeblichen Wert gesondert anfallen.

[99] BVerwG, Beschl. v. 11.2.2010 – 9 KSt 3/10.

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