Rz. 36

Berechnen sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert oder fehlt es an einem solchen Wert, setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest, § 33 Abs. 1 RVG. In diesen Fällen findet § 32 RVG keine Anwendung. Die Bindungswirkung des § 32 RVG greift auch dann nicht, wenn der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Gegenstand und der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit nicht identisch sind. Dies kann unter anderem der Fall sein, wenn der Anwalt bei mehreren Parteien nur mit einem Teil des Gegenstandes des gerichtlichen Verfahrens beauftragt war oder zu einem Zeitpunkt mandatiert wird, in dem ein Teil bereits erledigt war, ebenso wie bei einem Anwaltswechsel. Besondere Bedeutung hat die Vorschrift auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren, da hier bei Mehrvergleichen keine Gerichtsgebühren anfallen. Zu rein außergerichtlichen Vergleichen anlässlich eines gerichtlichen Verfahrens vertritt im Übrigen das OLG Karlsruhe die Auffassung, dass § 33 Abs. 1 RVG auf außergerichtliche Vergleiche nicht anzuwenden sei.[15]

 

Rz. 37

Liegt eine vermeintlich falsche Wertfestsetzung vor, ist genau zu prüfen, ob ein Fall des § 32 RVG vorliegt und damit Rechtsmittel gegen die Wertfestsetzung einzulegen oder im Anwendungsbereich des § 33 RVG zunächst ein entsprechender Antrag zu stellen ist, da hier eine Festsetzung von Amts wegen nicht zulässig ist. Der BGH hat dabei entschieden, dass wenn im Kostenfestsetzungsverfahren die Bestimmung des maßgeblichen Gebührenstreitwerts erforderlich wird, das Verfahren bis zur Entscheidung des hierfür zuständigen Ausgangsgerichts auszusetzen sei.[16] Eine Beschwerde gegen die Wertfestsetzung sollte allerdings wohl überlegt werden, da hier das Verbot der reformatio in peius nach Teilen der Rechtsprechung nicht gilt und es für den Anwalt daher auch schlimmer kommen kann.[17]

 

Rz. 38

 

Praxistipp

Der Wertfestsetzung durch das Gericht muss aufgrund der Bindungswirkung besondere Aufmerksamkeit gelten, sowohl im Interesse des Mandanten als auch im eigenen. Ist der Wert nicht ohne Weiteres bestimmbar, sollte bereits im Antrag zu den eigenen Wertvorstellungen vorgetragen werden, um riskante Beschwerdeverfahren zu vermeiden.

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