a) Ergänzender typischer Sachverhalt

 

Rz. 70

Der Verkäufer wünscht in seinen Verkauf-AGB die Regelungen:

Zahlung des Kaufpreises zu 100 % spätestens bei Lieferung,
Ausschluss eines etwaigen Zahlungs-/Leistungsverweigerungsrechts des Käufers wegen Mängeln und
Aufschub der Mängelansprüche bis zur vollständigen Zahlung (Leistungsverweigerungsrecht des Verkäufers).

b) Rechtliche Grundlagen

aa) Zahlungsbedingungen und -verzug

 

Rz. 71

Die Regelungen über Zahlungsbedingungen gehören nicht zu den unabdingbaren Regeln des Verbrauchsgüterkaufs (siehe §§ 474 ff. BGB).[166] Die Zahlung des vollständigen Kaufpreises bei Lieferung entspricht zudem der gesetzlichen Regelung des § 433 BGB i.V.m. § 320 BGB, die gerade keine Vorleistungspflicht des Verkäufers begründen.[167] Daher ist die erwähnte Zahlungsbedingung in Verkauf-AGB wirksam.

§ 286 Abs. 2 und 3 BGB eröffnet die Möglichkeit, den Schuldner einer Geldforderung relativ zeitnah in Zahlungsverzug zu bringen. Dazu sieht das Gesetz verschiedene Wege vor. Konkretisierungen sind durch AGB zulässig.

Bei § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist erforderlich, die "angemessene Frist" in der Vereinbarung selbst, dh in der AGB-Klausel, zu bestimmen, die wiederum der Inhaltskontrolle unterliegt. Sie darf die in den gewöhnlichen Anwendungsfällen "angemessene" Frist zur Vorbereitung der Leistungshandlung nicht unterschreiten.[168] Dabei kommt i.d.R. eine Frist von zehn bis 14 Tagen nach Rechnungserhalt oder nach Lieferung in Betracht.[169] Die Frist sollte aber auch nicht zu kurz gewählt werden, weil dann wegen Unwirksamkeit der Klausel der Verzug i.d.R. nur über § 286 Abs. 1 oder Abs. 3 BGB herbeigeführt werden kann.[170] Eine sog. Null-Frist kann die Folge des § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB in keinem Fall auslösen.[171]

 

Rz. 72

Der Wunsch des Verwenders zur Festlegung der Zahlungsbedingungen abweichend von den gesetzlichen Bestimmungen kann auch bei Werkverträgen bestehen. § 309 Nr. 15 BGB ("Abschlagszahlungen") schließt eine AGB-Klausel über gegenüber § 632a BGB erhöhte Abschlagszahlungen nicht aus, wohl aber solche, die "wesentlich höher" sind als in § 632a BGB vorgesehen. Die BReg sah ihren (letztlich Gesetz gewordenen) Vorschlag zu § 309 Nr. 15 BGB n.F. bezüglich Abschlagszahlungen als "AGB-fest" an. Dem Änderungswunsch des BR zur Streichung des Wortes "wesentlich [höher]"[172] wurde in der beschlossenen Fassung trotzdem nicht gefolgt. Daher muss davon ausgegangen werden, dass im Bereich des § 309 Nr. 15 BGB "auch geringfügige Abweichungen von §§ 632a, 650l BGB zu spürbar höheren Abschlagszahlungen im Sinne der Norm führen" können.[173] Die teilweise vertretene maximale Erhöhung von 20 %[174] erscheint zu hoch, mehr als 10 % dürften im Rahmen der Klauselkontrolle kaum haltbar sein.

[166] Siehe BGH v. 25.10.2006 – VIII ZR 23/06, NJW 2007, 1198 ff. (Nr. 15 ff., 18 ff.): Fälligkeits-AGB ist nur an § 307 BGB gescheitert, nicht an § 475 Abs. 1 BGB.
[167] Palandt/Weidenkaff, § 433 Rn 41.
[168] MüKo/Ernst, § 286 Rn 61.
[169] Z.B. Palandt/Grüneberg, § 286 Rn 31.
[170] Siehe MüKo/Ernst, § 286 Rn 62.
[171] MüKo/Ernst, § 286 Rn 60, 63: Nullfrist ist für die Begründung der Fälligkeit zwar ausreichend, aber nicht für § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB.
[172] Einerseits: Begr. RegE "Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung" v. 18.5.2016, BT-Drucks 18/8486, S. 37. Andererseits: Stellungnahme des BR, BT-Drucks 18/8486, S. 82.
[173] Vgl. Zitat aus der Stellungnahme des BR, BT-Drucks 18/8486, S. 82. § 650l BGB-E entspricht § 650m BGB.
[174] Palandt/Grüneberg, § 309 Rn 116.

bb) Ausschluss des Leistungsverweigerungsrechts (§ 320 BGB)

 

Rz. 73

Das Leistungsverweigerungsrecht nach § 320 BGB steht der einen Partei eines gegenseitigen Vertrags zu, wenn die andere Partei die von ihr zu erbringende (Haupt-)Leistung nicht erfüllt hat.[175] Es darf durch AGB nicht ausgeschlossen werden, § 309 Nr. 2 BGB. § 433 Abs. 1 S. 1 BGB hat durch die Einführung der Vertragspflicht zur Mangelfreiheit eine für §§ 320, 309 Nr. 2 lit. a BGB wichtige Änderung gebracht. Der Käufer einer mangelhaften Sache ist stets berechtigt, die Zahlung nach § 320 BGB zu verweigern.[176] Zwar kann – nach § 475 Abs. 1 BGB auch bei Verbrauchsgüterkauf-Verträgen – durch Vereinbarung hiervon abgewichen werden.[177] Denn dadurch werden nicht die Rechte des Verbrauchers im Hinblick auf den Mangel, sondern die Auswirkungen des Mangels auf andere Rechte/Pflichten berührt. Dies ist aber nach § 309 Nr. 2 lit. a BGB nicht in Verkauf-AGB gegenüber Verbrauchern möglich.[178] Allerdings besteht das Recht aus § 320 BGB wegen § 320 Abs. 2 BGB nur insoweit, als dies nach den Umständen des Einzelfalls nicht gegen Treu und Glauben verstößt. Im konkreten Fall ist im Wesentlichen also relevant, welcher Teil des Kaufpreises voraussichtlich für die Kosten der Nacherfüllung aufzuwenden ist. Eine Konkretisierung des § 320 Abs. 2 BGB – im Rahmen des § 641 Abs. 3 BGB – in den Verkauf-AGB ist zulässig, soweit sie keine Einschränkung bedingt.[179]

[175] Allerdings greift § 320 BGB ausdrücklich nicht, wenn der Schuldner vorleistungspflichtig ist.
[176] v. Westphalen, NJW 2002, 20 verweist auf die Maßst...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge