Rz. 244

Die in § 1048 ZPO enthaltenen Regelungen über die Säumnis einer Partei sind weiter gefasst als die der §§ 330 ZPO. Das hat seine Ursache darin, dass hier verschiedene Säumnisfälle zusammengefasst worden sind. Vorrang hat hier, wie aber auch sonst, stets die Vereinbarung zwischen den Parteien. Sieht diese vor, dass es keine Säumnisfolgen geben soll, so findet § 1048 ZPO keine Anwendung. Nicht ausschließen lässt sich andererseits die Möglichkeit, die Säumnis durch genügende Entschuldigung zu heilen.

 

Rz. 245

Wird die Säumnis genügend entschuldigt, so bleibt sie gemäß § 1048 Abs. 4 ZPO ohne Auswirkungen. Das heißt, dass alle für die Säumnis in der Norm vorgesehen Folgen in dem Fall nicht greifen. Diese Regelung gilt ebenso für den Kläger wie für den Beklagten, aber auch die in der mündlichen Verhandlung nicht erschienene Partei.

 

Rz. 246

Die Entschuldigung der Fristversäumnis muss in jedem Fall vor der Beendigung des Verfahrens erfolgen. Ist einmal festgestellt, dass das Verfahren beendet ist und ist der Schiedsspruch erlassen, ist dies für die Parteien verbindlich.

 

Rz. 247

Nach § 1048 Abs. 4 Satz 2 ZPO können die Parteien wegen des Vorrangs der Parteivereinbarung auch etwas anderes über die Folgen der Säumnis vereinbaren. Vor der Beendigung des Schiedsverfahrens ist es somit insbesondere möglich, dass sich beide Parteien dahingehend verständigen, auch eine verspätet eingereichte Klage oder Erwiderung entgegen den Vorgaben des Gesetzes doch noch zu berücksichtigen.

 

Rz. 248

Generell kann der Norm entnommen werden, dass die Tendenz eher dahin geht, das Verfahren zu einem sachlichen Ende zu bringen. Eine Entscheidung auf der Basis der Säumnis einer der Parteien dürfte daher eher die Ausnahme sein.

Im Einzelnen ist zu unterscheiden:

1. Säumnis des Klägers

 

Rz. 249

Anders als im Verfahren vor staatlichen Gerichten gibt es im schiedsgerichtlichen Verfahren keine zwingende mündliche Verhandlung. Auch ein schriftliches Vorverfahren ist nicht geregelt. Aus diesem Grund ist die Einreichung einer Klage zentrales Element des schiedsgerichtlichen Verfahrens.

 

Rz. 250

Für die Einreichung der Schiedsklage setzt das Schiedsgericht der klagenden Partei eine bestimmte Frist (§ 1046 Abs. 1 ZPO). Wenn es die klagende Partei dann versäumt, ihre Klage innerhalb der ihr gesetzten Frist einzureichen, beendet das Schiedsgericht das Verfahren. Die Beendigung erfolgt durch einen Beschluss (§ 1056 ZPO). Dieser hindert die klagende Partei zwar nicht daran, ein erneutes Verfahren zu beginnen, doch hat die Beendigung möglicherweise erhebliche kostenmäßige Konsequenzen.

2. Säumnis des Beklagten

 

Rz. 251

Versäumt es die beklagte Partei, die Klage innerhalb der ihr nach § 1046 Abs. 1 ZPO gesetzten Frist zu beantworten, so setzt das Schiedsgericht das Verfahren fort. Anders als im Verfahren vor dem staatlichen Gericht kann es dabei allerdings nicht allein vom Vortrag des Klägers ausgehen. Denn die Säumnis des Beklagten hat entgegen § 331 ZPO ausdrücklich nicht die Wirkung, dass der Vortrag des Klägers als zugestanden gilt. Das heißt, dass das Schiedsgericht alle Behauptungen des Klägers zu prüfen und das Verhalten des Beklagten gegebenenfalls frei zu würdigen hat. Es kann insbesondere trotz des fehlenden Beklagtenvortrages auch Beweise erheben.

 

Rz. 252

Da somit weder § 1046 noch § 1048 Abs. 2 ZPO eine Sanktion für den Beklagten, der verspätet auf die Klage erwidert, vorsehen, muss das Schiedsgericht eine Stellungnahme des Beklagten, die verspätet eingeht, konsequenterweise bei seiner Entscheidung noch berücksichtigen.

Einen Versäumnisschiedsspruch gibt es nicht.

3. Säumnis in der mündlichen Verhandlung

 

Rz. 253

Versäumt es eine Partei, zu einer mündlichen Verhandlung zu erscheinen, so kann das Schiedsgericht das Verfahren fortsetzen und den Schiedsspruch nach den bis dahin vorliegenden Erkenntnissen erlassen (§ 1048 Abs. 3 ZPO). Die Konsequenzen des Nichterscheinens sind also wiederum andere als im Verfahren vor den staatlichen Gerichten. Das Nichterscheinen der Partei führt nicht zu einer Säumnisentscheidung. Es hindert das Schiedsgericht allerdings nicht daran, das Verfahren fortzusetzen. Im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens kann es dann allerdings den Umstand des Nichterscheinens als solches frei würdigen. Es kann die Säumnis des Beklagten also beispielsweise dahingehend auslegen, dass er sich nicht wirklich gegen die Klage verteidigen will. Es kann das Nichterscheinen aber auch als bedeutungslos behandeln.

 

Rz. 254

Das Nichterscheinen des Klägers kann es entsprechend als konkludente Klagerücknahme oder wiederum auch als bedeutungslos werten. Maßgeblich wird stets das bisherige Verhalten im Verfahren sein. Hat etwa das Schiedsgericht auf die Klage einen umfassenden Hinweis erteilt und ausgeführt, dass es der Schiedsklage keine Aussicht auf Erfolg einräumt, so kann das Nichterscheinen gegebenenfalls als Klagerücknahme angesehen werden. Hat das Schiedsgericht umgekehrt in seinem Hinweis Ausführungen gemacht, nach denen die Klage offenbar volle Aussicht auf Erfolg bietet, so kann das Nichterscheinen des Beklagten in der mündlichen Verhandlu...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge