Rz. 326

Dem Vergleich ist in § 1053 ZPO eine eigene Norm gewidmet, was das Gewicht des Vergleichs als Möglichkeit der Verfahrensbeendigung widergibt. Ebenso wie im Verfahren vor dem staatlichen Gericht wird die vergleichsweise Beendigung des Schiedsverfahrens durch den Gesetzgeber als wünschenswerte Alternative gegenüber der Beendigung durch den Schiedsspruch vorgezogen. Während § 278 Abs. 1 ZPO dem staatlichen Gericht aufgibt, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits bedacht zu sein, wird das Anliegen des Gesetzgebers hier durch die zentrale Stellung der Norm unmittelbar nach derjenigen über den Schiedsspruch betont.

 

Rz. 327

Die vergleichsweise Erledigung des Verfahrens hat gegenüber dem Schiedsspruch auch zahlreiche Vorteile. Mit ihr können beispielsweise vollstreckungsrechtliche Prob­leme ausgeklammert werden. Es ist möglich, nur vorübergehenden wirtschaftlichen Zwängen zu begegnen, indem die Forderung gestundet oder die Möglichkeit ein­geräumt wird, Ratenzahlungen zu leisten. Im Verfahren über den Zugewinnausgleich können mehr als im streitigen Verfahren Interessen einer Partei am Eigentum an besonderen Gegenständen berücksichtigt werden, indem eine Kompensation des Zahlungsanspruchs durch die Anrechnung des Wertes übernommener Gegenstände ­erfolgt, wie dies sonst nur unter den strengen Voraussetzungen des § 1383 BGB möglich ist. Auch im Bereich des Unterhaltsrechts können im Vergleichswege Dinge berücksichtigt werden, die im Fall streitiger Entscheidung unberücksichtigt bleiben müssen. Das gilt beispielsweise für die Behandlung von Unterhaltsrückständen. Aus diesem Grund stellt die streitige Entscheidung letztlich immer die ultima ratio dar. Vorzuziehen ist stets die vergleichsweise Einigung.

 

Rz. 328

Bis 1998 behandelte § 1044 a.F. ZPO den Schiedsvergleich noch ähnlich wie den gerichtlichen Vergleich. Das heißt, dass der Schiedsvergleich wie dieser einen Vollstreckungstitel darstellte. Das führte in internationalen Schiedsgerichtsverfahren zu Schwierigkeiten, weil die Vollstreckbarkeit derartiger Vergleiche weitgehend ausgeschlossen ist.[132] Um dem zu entgehen, hat das Gesetz in § 1053 ZPO die Möglichkeit geschaffen, den Inhalt eines Vergleichs in einen Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt einfließen zu lassen.

 

Rz. 329

Der Vergleich ist zunächst einmal ein schuldrechtlicher Vertrag im Sinne des § 779 BGB. Sein Inhalt ist bestimmt durch das gegenseitige Nachgeben der Parteien über bestehende Unklarheiten und Streitigkeiten, rechtlicher wie tatsächlicher Art. Der Vergleichsschluss hat Auswirkungen auf das schiedsgerichtliche Verfahren. Er führt nach § 1053 Abs. 1 Satz 2 ZPO dazu, dass dieses beendet wird. Anders als beim gerichtlichen Vergleich nach § 278 ZPO hat dieser Vergleich aber zunächst keine prozessualen Wirkungen. Er stellt insbesondere keinen Vollstreckungstitel dar.

 

Rz. 330

Ein Vollstreckungstitel wird nach Abschluss eines Vergleichs erst dann geschaffen, wenn das Schiedsgericht auf Antrag der Parteien den Vergleich in der Form eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut feststellt. Ein solcher Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut hat dieselbe Wirkung wie jeder andere Schiedsspruch zur Sache.

 

Rz. 331

Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut ergeht, wenn entweder beide oder auch nur eine der Parteien mit Zustimmung der anderen einen entsprechenden Antrag stellt. Der Antrag ist formlos möglich und ist selbst Verfahrenshandlung. Das Schiedsgericht prüft, ob

Einigkeit zwischen den Parteien besteht
die getroffene Vereinbarung nicht gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so erlässt das Schiedsgericht einen Schiedsspruch mit dem zwischen den Parteien vereinbarten Inhalt.

 

Rz. 332

Dieser Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt bedarf der Form des § 1054 ZPO. Das heißt, er ist als Schiedsspruch zu bezeichnen, auch er ist schriftlich zu erlassen und von den Schiedsrichtern zu unterschreiben. Er ist mit dem Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens und dem Datum des Erlasses zu versehen. Für die Wirksamkeit nicht erforderlich ist dagegen die Bezeichnung der Parteien entsprechend dem Rubrum des Urteils eines staatlichen Gerichts. Die Parteistellung muss nur zweifelsfrei nachgewiesen werden. Hierzu kann auch auf eine eidesstattliche Erklärung der Schiedsrichter zurückgegriffen werden.[133]

 

Rz. 333

Anders als der im streitigen Verfahren ergangene Schiedsspruch bedarf er jedoch nach § 1054 Abs. 2 ZPO keiner Begründung.

 

Rz. 334

Nach dem Wortlaut des § 1053 Abs. 1 ZPO muss der Vergleich, um auf Antrag in einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut münden zu können, "während des schiedsgerichtlichen Verfahrens über die Streitigkeit" geschlossen worden sein. Daraus kann gefolgert werden, dass Vergleiche, die etwa im Rahmen einer erfolgreichen Mediation vereinbart worden sind, nicht unter die Norm fallen. In der Praxis wird jedoch eine Vorgehensweise anerkannt, nach der die Mediation mit einer zusätzlichen Schlichtungsklausel i...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge