Rz. 90

Ebenso wie nach § 42 ZPO der Richter eines staatlichen Gerichts, kann auch ein Schiedsrichter abgelehnt werden. Denn die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsgerichts ist die zentrale Grundlage eines jeden schiedsgerichtlichen Verfahrens. Um die Integrität des Gerichts und damit letztlich auch die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens zu schützen, begründet das Gesetz in § 1036 ZPO Pflichten der Schiedsrichter, deren Erfüllung den Parteien im weiteren Verlauf die Möglichkeit einer Richterablehnung geben.

1. Offenbarungspflichten des Schiedsgerichts

 

Rz. 91

§ 1036 Abs. 1 ZPO gibt dem Schiedsrichter auf, schon dann wenn ihm das Amt angetragen wird, alle Umstände offen zu legen, die Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können.

 

Rz. 92

Die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsgerichts ist naturgemäß von zentraler Bedeutung für die schiedsrichterliche Entscheidung und ihre Akzeptanz. Diese Bedeutung hat den Gesetzgeber veranlasst, dem Schiedsrichter selbst konkrete Pflichten zur Offenbarung aufzuerlegen. Dies gilt sowohl schon vor der Annahme des Amtes als auch während des laufenden Verfahrens. Verletzt der Schiedsrichter seine Pflichten zur Offenbarung, kann dies sogar eine Schadensersatzhaftung des Schiedsrichters nach §§ 280 BGB oder §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB begründen. Auf das Haftungsprivileg nach § 839 BGB kann er sich dann nicht mehr berufen. Im Aufhebungs- oder Vollstreckungsverfahren können diese Umstände allerdings nicht mehr vorgetragen werden.[51]

 

Rz. 93

Anders als nach § 41 ZPO für das staatliche Gericht nennt das Gesetz allerdings keine konkreten Gründe, die den Ausschluss vom Schiedsrichteramt begründen.

 

Rz. 94

 

Beispiel

Die Parteien A und B schlagen übereinstimmend den Schiedsrichter S zur Durchführung ihres schiedsgerichtlichen Verfahrens vor. Dieser ist der Bruder des A.

 

Rz. 95

Nach § 1036 Abs. 1 ZPO ist der S verpflichtet, den B darauf aufmerksam zu machen, dass es Umstände gibt, die an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit Zweifel aufkommen lassen können. Wenn B keine Bedenken im Hinblick auf die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des S hat, kann dieser sein Schiedsrichteramt ausüben. Er wäre nicht entsprechend § 41 Nr. 3 ZPO davon ausgeschlossen.

2. Ablehnungsgründe

 

Rz. 96

Einzelne Ablehnungsgründe nennt das Gesetz nicht. Generell gilt allerdings, dass die Ablehnung auf eben solche Umstände gestützt werden kann, die auch die Ablehnung eines Richters nach § 42 ZPO oder gar dessen Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes nach § 41 ZPO rechtfertigen würden. Es müssen also Gründe vorliegen, die objektiv geeignet sind, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters zu rechtfertigen. Insoweit sind die Maßstäbe anzuwenden, die die Besorgnis der Befangenheit des Richters im Sinne von § 42 ZPO rechtfertigen,[52] wobei allerdings im Einzelfall zu berücksichtigen ist, dass die Schiedsrichter von den Parteien selbst beispielsweise auch danach ausgesucht werden, ob ihr Einsatz von ihnen für dieses konkrete Verfahren für zweckmäßig erachtet wird. Bei der Frage danach, ob berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsrichters bestehen, wird man also die besonderen Umstände des jeweiligen konkreten Verfahrens berücksichtigen müssen. Vertreten wird auch die Auffassung, dass an die Unparteilichkeit des Schiedsrichters jedenfalls dann, wenn es sich um einen Einzelschiedsrichter handelt, sogar ein strengerer Maßstab anzulegen ist als bei einem staatlichen Richter, weil der Einzelschiedsrichter – anders als der staatliche Richter – die einzige Instanz darstellt.[53]

 

Rz. 97

Im Einzelnen können in der Regel folgende Umstände Ablehnungsgründe darstellen:[54]

Der Schiedsrichter ist selbst Partei oder er steht zu einer Partei im Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Regresspflichtigen,
Der Schiedsrichter ist oder war Ehegatte oder Lebenspartner einer Partei,
Der Schiedsrichter ist oder war mit einer Partei in gerader Linie – in der Seitenlinie bis zum dritten Grad – verwandt oder – in der Seitenlinie bis zum zweiten Grad – verschwägert,
Der Schiedsrichter ist oder war als Prozessbevollmächtigter oder Beistand einer Partei bestellt oder als gesetzlicher Vertreter einer Partei aufzutreten berechtigt,
Es besteht eine besonders enge wirtschaftliche Interessenverflechtung mit einer der Parteien oder der Schiedsrichter hat durch einen bestimmten Ausgang des Verfahrens besondere wirtschaftliche Vor- oder Nachteile zu erwarten,
Es besteht eine nachweisbare Voreingenommenheit in Bezug auf den Gegenstand des Verfahrens, die sich beispielsweise in einem anderen Verfahren gezeigt hat.
 

Rz. 98

Benennt eine Partei für ein Dreier- Schiedsgericht eine Person zum Schiedsrichter, die mit der anderen Partei einen Rechtsstreit in eigener Sache führt, so muss sie es hinnehmen, dass die andere Partei diesen Schiedsrichter wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnt.[55]

 

Rz. 99

Wie auch nach § 42 ZPO dürfte hingegen für eine Ablehnung nicht ausr...

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