Rz. 589

Nach § 6 Abs. 1 des Vertrages hat der Entleiher dem Verleiher die besonderen Merkmale der vom Leiharbeitnehmer auszuübenden Tätigkeit sowie die dafür erforderliche berufliche Qualifikation mitzuteilen; diese Verpflichtung folgt bereits aus § 12 Abs. 1 S. 4 AÜG. Gem. § 1 Abs. 1 S. 6 AÜG ist ferner die jeweilige Person des Leiharbeitnehmers vor der Überlassung mit Bezugnahme auf diesen Vertrag durch nähere persönliche Daten zu konkretisieren.

 

Rz. 590

Aus Sicht des Entleihers kann ein erhebliches Interesse daran bestehen, die tatsächlichen Qualifikationen eines Leiharbeitnehmers sicherzustellen. Zum einen sind bestimmte Qualifikationen für die Ausführung der geplanten Tätigkeit zwingend erforderlich (z.B. Personenbeförderungsschein, Meister- oder Gesellenbrief, Waffenschein, etc.). Zum anderen sind in der Praxis häufig längere Einarbeitungszeiten zu berücksichtigen, deren Aufwand sich lediglich bei entsprechend qualifizierten Leiharbeitnehmern lohnt. Nach der Regelung unter § 6 Abs. 2 hat der Entleiher zudem die Möglichkeit einer gesonderten Eignungsprüfung und kann unzureichend qualifizierte Leiharbeitnehmer zurückweisen.

 

Rz. 591

Bei der Arbeitnehmerüberlassung wird zwischen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer kein Arbeitsverhältnis begründet. Der Verleiher bleibt Arbeitgeber der Leiharbeitnehmer und tritt lediglich sein Weisungsrecht an den Entleiher ab. § 6 Abs. 3 des Vertrages regelt darüber hinaus, dass der Verleiher auch weiterhin die Arbeitgeberpflichten und das Arbeitgeberrisiko trägt. Der Entleiher hat allerdings gegenüber dem Leiharbeitnehmer einen Leistungsanspruch, so dass ihm im Falle der Pflichtverletzung Schadensersatzansprüche gegen den Leiharbeitnehmer nach §§ 280 ff. BGB zustehen.[1201] Gleichzeitig verbleiben die Leiharbeitnehmer auch während der Überlassung an einen Entleiher Angehörige des Verleiherbetriebes, § 14 AÜG.

 

Rz. 592

§ 6 Abs. 4 des Vertrages soll sicherstellen, dass kein strafbarer Verleih von ausländischen Staatsangehörigen ohne die erforderlichen Genehmigungen nach § 15 AÜG erfolgt, soweit keine Verleiherlaubnis vorliegt. Soweit eine Verleiherlaubnis vorliegt, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit nach § 404 Abs. 2 Nr. 3 SGB III. Darüber hinaus kann sich der Entleiher nach § 15a AÜG strafbar machen, wenn der Leiharbeitnehmer ohne die erforderlichen Genehmigungen zu ausbeuterischen Bedingungen beschäftigt.

 

Rz. 593

Die Lage der Arbeitszeit unterfällt grds. dem Direktionsrecht des Verleihers, welches bei der Arbeitnehmerüberlassung auf den Entleiher übertragen wird, § 106 GewO. Die Regelung unter § 6 Abs. 5 sollte entsprechend im Leiharbeitsvertrag vereinbart werden, um eine Umsetzbarkeit dieser Vereinbarung aus dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu gewährleisten (siehe Rdn 633). Die Anordnung von Mehrarbeit durch den Entleiher bedarf einer entsprechenden Ermächtigung im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag. Die Anordnung von Mehrarbeit muss sich selbstverständlich im Rahmen des Leiharbeitsvertrages bzw. der gegebenenfalls anwendbaren Tarifverträge halten. Darüber hinaus sind Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG zu beachten.

 

Rz. 594

Nach § 6 Abs. 6 und § 6 Abs. 7 des Vertrages hat der Entleiher in den genannten Fällen die Optionen, die Leiharbeitnehmer zurückzuweisen oder gleichwertigen Ersatz zu verlangen. Der Verleiher ist grds. verpflichtet, gleichwertigen Ersatz zu stellen, so dass er das "Personalbeschaffungsrisiko" trägt.[1202] Es handelt sich um eine verschuldensunabhängige Haftung des Verleihers, § 276 Abs. 1 S. 1 BGB. Zudem handelt es sich um eine Gattungsschuld, so dass Verleiher lediglich einen für die vorgesehene Tätigkeit geeigneten Leiharbeitnehmer beschaffen muss.[1203]

 

Rz. 595

Die Verpflichtung des Verleihers, gleichwertigen Ersatz zu stellen, ist auch Gegenstand der Regelung unter § 6 Abs. 7 des Vertrages. Es bleibt bei der grds. verschuldensunabhängigen Haftung nach § 276 Abs. 1 S. 1 BGB. Allerdings handelt es sich wegen des Verweises auf § 8 Abs. 2 des Vertrages um eine verleiherfreundliche Regelung, da der Verleiher im Falle der unverschuldeten Unmöglichkeit der Ersatzgestellung berechtigt ist, den Vertrag hinsichtlich des konkreten Mitarbeiters zu kündigen, ohne dass dem Entleiher dadurch Ansprüche entstehen.

 

Rz. 596

Seit dem 1.1. 2017 dürfen Leiharbeitnehmer gem. § 11 Abs. 2 AÜG keine Tätigkeiten übernehmen, die bisher von Arbeitnehmern erledigt wurden, die sich im Arbeitskampf befinden oder ihrerseits Tätigkeiten von Arbeitnehmern, die sich im Arbeitskampf befinden, übernommen haben. Soweit es sich nicht um eine solche "streikbetroffene Ersatztätigkeit" handelt, der Einsatz des Leiharbeitnehmers damit also ausnahmsweise zulässig bleibt, haben Leiharbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht gemäß § 11 Abs. 5 AÜG im Falle von Arbeitskämpfen beim Entleiher. Der Verleiher hätte allerdings die Möglichkeit, einen leistungswilligen Leiharbeitnehmer als Ersatz zu stellen.

Tarifvertragliche Regelungen aus dem BAP-DGB (altern...

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