Rz. 836

Grundsätzlich ist für Streitigkeiten zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft aus dem Anstellungsvertrag und über die Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrages aufgrund der Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG, die Organmitglieder juristischer Personen im Wege der Fiktion, dass diese nicht als Arbeitnehmer gelten, aus dem Anwendungsbereich des ArbGG generell ausnimmt, nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte, sondern der Kammern für Handelssachen bei den Landgerichten begründet. Etwas anderes gilt selbst dann nicht, wenn das Dienstverhältnis des Geschäftsführers ausnahmsweise als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist.[1670] Die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ist nur dann gegeben, wenn Grundlage der Organstellung des Geschäftsführers ein Vertragsverhältnis zu einer anderen Gesellschaft, z.B. der Konzernmutter ist und der Rechtsstreit deshalb mit der Konzernmutter geführt wird oder um Ansprüche aus einem – ausnahmsweise – ruhenden Arbeitsverhältnis gestritten wird.

Besonderheiten bestehen, wenn der Geschäftsführer vor der rechtskräftigen Entscheidung im Rechtswegbestimmungsverfahren die Organstellung verliert. Unabhängig davon, ob dies durch eigene Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer oder durch Abberufung durch die Gesellschaft erfolgt, sperrt § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG in diesem Fall die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes nicht mehr, selbst wenn der Verlust der Organstellung zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Handelsregister eingetragen ist.[1671] Für die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte in sog. sic-non Fällen, also in Fallkonstellationen, die eine arbeitsrechtliche Grundlage voraussetzen, wie z.B. der Streit um den Bestand eines Arbeitsverhältnisses, reicht allein die Behauptung des Geschäftsführers, er sei Arbeitnehmer, für die Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes aus.[1672] Demgegenüber ist zur Begründung der Zuständigkeit der Arbeitsgerichte in Fallkonstellationen, die sowohl auf arbeits- wie auch auf dienstvertraglicher (sog. et-et Fall) oder entweder auf – sich gegenseitig ausschließender – arbeitsvertraglicher oder dienstvertraglicher Grundlage (sog. aut-aut Fall) begründet sein können, grds. die schlüssige Darlegung der Arbeitnehmerstellung erforderlich.[1673]

[1671] BAG 8.9.2015 – 9 AZB 21/15, NZA 2015, 1342; BAG 3.12.2014 – 10 AZB 98/14, NZA 2015, 180; BAG 22.10.2014 – 10 AZB 46/14, NZA 2015, 60; dazu Dimsic/Link, BB 2015, 3063; Geck/Fiedler, BB 2015, 1077; Graef/Heilemann, GmbHR 2015, 225; Stagat, NZA 2015, 193; Lunk, NJW 2015, 528; Klasen, BB 2013, 1849; MüKo-GmbHG/Jaeger/Steinbrück, § 35 GmbHG Rn 296.
[1672] LAG Köln 24.1.2017 – 7 Ta 221/16, NZA-RR 2017, 376; Geck/Fiedler, BB 2015, 1077; Graef/Heilemann, GmbHR 2015, 225; Lunk, NJW 2015, 528.
[1673] LAG Schleswig-Holstein 8.6.2016 – 5 Ta47/16, juris; LAG Köln 30.3.2015 – 5 Ta 91/15, juris; Sächs. LAG 18.3.2015 – 4 Ta 237/14 (6), NZA-RR 2015, 493; offengelassen in BAG 8.9.2015 – 9 AZB 21/15, NZA 2015, 1342 für den aut-aut Fall; dazu auch Lunk, NJW 2015, 528; Reinfelder, RdA 2016, 87; Reiserer, BB 2016, 1141.

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