Rz. 786

Nachfolgend wird das Muster eines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages vorgestellt, das als Basis für die Regelung der dienstvertraglichen Beziehungen des Geschäftsführers einer GmbH mit inländischem Verwaltungssitz[1478] zu der Gesellschaft dienen kann. Bei diesem Vertragsmuster handelt es sich nicht um einen Arbeitsvertrag, weil der Geschäftsführer in den allermeisten Fällen nicht Arbeitnehmer, son­dern freier Dienstnehmer ist[1479] und deshalb als "arbeitgeberähnliche" und nicht als arbeitnehmerähnliche Person qualifiziert werden kann.[1480] Es ist je nach Ausgestaltung des Anstellungsvertrages mit eventuell vorhandener gesellschaftsrechtlicher Beteiligung des Geschäftsführers an der GmbH im je­weiligen Sachzusammenhang zu prüfen, ob arbeitsrechtliche Regelungen auf das Dienstverhältnis des Geschäftsführers anzuwenden sind. Das ist nach den Entscheidungen des EuGH in den Verfahren Danosa[1481] und Balkaya[1482] immer dann der Fall, wenn der im jeweiligen Regelungszusammenhang Verwendung findende unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff[1483] der Rechtsanwendung zugrunde zu legen ist.[1484] Auf die insoweit bestehenden Einzelfragen wird in den Erläuterungen hingewiesen. Ausnahmsweise kann allerdings der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers als (echter) Arbeitsvertrag einzuordnen sein, wenn der Gesellschaft gegenüber dem Geschäftsführer Weisungsbefugnisse zustehen, die über die gesellschaftsrechtlichen Weisungsrechte hinausgehen,[1485] oder wenn der Vertragspartner des Anstellungsvertrages nicht die Gesellschaft ist, sondern ein Dritter, bzw. die Konzernobergesellschaft einer konzernverbundenen GmbH oder die Kommanditgesellschaft bei einer GmbH & Co. KG und der Geschäftsführer deren Weisungen hinsichtlich der Ausgestaltung seiner Tätigkeit unterliegt.[1486] In einem solchen Fall gelten selbstverständlich die arbeitsrechtlichen Schutzgesetze auch zugunsten des Geschäftsführers.

Zur Vereinfachung der Darstellung ist im Muster die männliche Geschlechtsform gewählt worden. Damit soll selbstverständlich keine Diskriminierung wegen des Geschlechtes verbunden sein.

[1478] Aus § 4a, § 10 GmbHG i.d.F. des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen ­(MoMiG) vom 26.6.2008 (BGBl I, 2008, 2026) folgt, dass der Verwaltungssitz der GmbH auch im Ausland begründet werden kann. Zu den Neuregelungen des GmbH-Rechts in Bezug auf die Rechtsstellung des Geschäftsführers durch das MoMiG, vgl. ­Meyer, BB 2008, 1742; Hirte, WM 2008, 1429; Bednarz, BB 2008, 1854; Fliegner, DB 2008, 1668; Oppenhoff, BB 2008, 1742.
[1479] BGH 14.2.2000 – II ZR 218/98, NJW 2000, 1638; BGH 10.9.2001 – II ZR 14/00, NJW-RR 2002, 173; BGH 23.1.2003 – IX ZR 39/02, NZA 2003, 439; BGH 10.5.2010 – II ZR 70/09, NZA 2010, 889; BAG 21.1.2019 – 9 AZB 23/18 NZA 2019, 490; etwas enger BAG 6.5.1999 – 5 AZB 22/98, NZA 1999, 839; BAG 26.5.1999 – 5 AZR 664/98 NZA 1999, 987; BAG 13.2.2003 – 8 AZR 654/01, NZA 2003, 552; zur Zuständigkeit nach der Abberufung als GmbH Geschäftsführer oder der Amtsniederlegung: BAG 26.10.2012 – 10 AZB 60/12, NZA 2013, 54; BAG 22.10.2014 – 10 AZB 46/14, NZA 2015, 60; BAG 3.12.2014 – 10 AZB 98/14, NZA 2015, 180; vgl. auch Baumbach/Hueck/Beurskens, § 37 GmbHG Rn 101; Lutter/Hommelhoff/Kleindiek, Anh zu § 6 GmbHG Rn 3; Scholz/Hohenstatt, § 35 GmbHG Rn 266; Schaub/Vogelsang, ArbR-Hdb., § 14 Rn 2–5; ErfK/Preis, § 611a BGB Rn 88; ­Graef/Heilemann, GmbHR 2015, 225; Nebendahl, NZA 1992, 289; Nägele, BB 2001, 305; Holthausen/Steinkraus, NZA-RR 2002, 281; Schrader/Schubert, BB 2007, 1617; a.A. Wank/Maties, NZA 2007, 353; Lücke, NJOZ 2009, 3469.
[1480] So ausdrücklich, BAG 21.1.2019 – 9 AZB 23/18, NZA 2019, 490; vgl. auch ErfK/Preis, § 611a Rn 88.
[1483] Dies ist jeweils aus dem Regelungszusammenhang der einschlägigen unionsrechtlichen Regelung zu ermitteln; ein einheitlicher unionsrechtlicher Arbeitnehmerbegriff besteht demgegenüber nicht; dazu Vielmeier, NJW 2014, 2678.
[1484] Nach der Rechtsprechung des EuGH in den Sachen Danosa und Balkaya kann ein Organ einer Kapitalgesellschaft allerdings dem jeweiligen europarechtlichen Arbeitnehmerbegriff unterfallen, wenn entsprechende Weisungsabhängigkeiten bestehen, wie etwa bei Fremd- oder Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführern, vgl. dazu: Lunk, NZA 2015; 917; Forst, EuZW 2015, 2015, 664; Ginal/Heinemann-Diehl, GWR 2014, 408; Hildebrand, Diss.Kiel 2014, S. 22 ff.; Lunk/Rodenbusch, GmbHR 2012, 188; v. Alvensleben/Hauck/Schnabel, BB 2012, 774; Reiserer, DB 2011, 2262; Oberthür, NZA 2011, 253; Fischer, NJW 2011, 2329; Reufels/Molle, NZA-RR 2011, 281; MüKo-GmbHG/Jaeger/Steinbrück, § 35 GmbHG Rn 280.

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