Rz. 1414

Dynamische Klauseln müssen insbesondere für Zuständigkeits-, Verbandswechsel oder Betriebsübergänge einen differenzierten Gestaltungswillen erkennen lassen.[3169] Bei tarifgebundenen Arbeitgebern kann eine Regelung über den Wechsel bzw. über das Ende der Tarifbindung (z.B. nach einem Verbandsaustritt und -wechsel,[3170] nach einem Betriebsübergang,[3171] oder nach Tarifwegfall aufgrund von Unternehmensrestrukturierungen)[3172] empfehlenswert sein, wobei eine Aufgliederung hinsichtlich der einzelnen Vorgänge einer generell gefassten Klausel mit lediglich exemplarischer Aufzählung[3173] aus Klarheitsgründen vorzuziehen ist. Bei Bezugnahmeklauseln mit Regelungen für den Fall des Betriebsübergangs ist jedoch regelmäßig deren mögliche abschreckende Wirkung auf den Arbeitnehmer zu beachten. Arbeitgeber können auch bei veränderten wirtschaftlichen Bedingungen ein Interesse haben, die dynamische Verweisung durch Widerruf innerhalb einer bestimmten Frist zu beenden, d.h. zu einer statischen Verweisung zurückzukehren. Hier sind jedoch die §§ 307, 308 Nr. 4 BGB zu beachten.[3174]

 

Rz. 1415

Eine Abänderung einer arbeitsvertraglich vereinbarten Bezugnahmeklausel ist grundsätzlich nur im Wege der einvernehmlichen Vertragsänderung möglich.[3175] Die Möglichkeit einer negativen betrieblichen Übung wird abgelehnt.[3176] Eine Änderungskündigung dürfte meist an der sozialen Rechtfertigung scheitern, da das alleinige Interesse an einer Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen nicht ausreicht.[3177]

[3169] Teilweise a.A. mit Blick auf große dynamische Klauseln Jordan/Bissel, NZA 2010, 71 ff.
[3170] Vgl. §§ 3 Abs. 3, 4 Abs. 5 TVG; Preis/Greiner, NZA 2007, 1073, 1079; Giesen, NZA 2006, 625; Klebeck, NZA 2006, 15, 20; Bauer/Günther, NZA 2008, 6, 7; ErfK/Franzen, § 3 TVG Rn 40 (als Tarifwechselklausel ist nur eine große dynamische Klausel zu interpretieren); krit. auch Jordan/Bissel, NZA 2010, 71, 72 ff.
[3171] ErfK/Franzen, § 3 TVG Rn 41 ff.; Hohenstatt, NZA 2010, 23 ff.; Jacobs, NZA-Beil. 2009, 45, 51.
[3172] Vgl. § 613a Abs. 1 S. 2–4 BGB; äußerst str.: nur Anwendung des neuen Tarifvertrages bei Tarifwechselklausel, auch aus Gründen des Bestandschutzes, Jacobs, NZA-Beil. 2009, 45, 54; Hümmerich/Mäßen, NZA 2005, 961; a.A. Tarifwechsel als Fall des Tarifersatzes Fieberg, NZA 2005, 1226; Möller/Welkoborsky, NZA 2006 1382; Werthebach, NZA 2005, 1224; hierzu ErfK/Franzen, § 3 TVG Rn 42; Greiner, NZA 2009, 877, 879 ff.; zur Transparenz einer solchen Klausel Heinlein, NJW 2008, 321, 326; Jordan/Bissel, NZA 2010, 71, 73 halten eine große dynamische Klausel für genügend transparent.
[3173] Etwa Olbertz, BB 2007, 2737, 2739 ff.
[3174] Preis/Greiner, NZA 2007, 1073, 1078 f.; Giesen, NZA 2006, 625; Klebeck, NZA 2006, 15, 20; ErfK/Franzen, § 3 TVG Rn 44; einen Verstoß gegen § 308 Nr. 4 BGB nimmt insbesondere Reinecke, BB 2006, 2637, 2645 an; a.A. Jacobs, NZA-Beil. 2009, 52; Jordan/Bissel, NZA 2010, 71, 74.
[3175] Zur Frage, wie Bezugnahmeklauseln auszulegen sind, die nach einer Vertragsänderung nach 2002 unverändert blieben, BAG 18.11.2009 – 4 AZR 514/08, BeckRS 2010, 65524.
[3176] Jacobs/Krause/Oetker, § 6 Rn 235.
[3177] Str. Jacobs/Krause/Oetker, § 6 Rn 236; Möller, NZA 2006, 579; a.A. Giesen, NZA 2006, 625; Olbertz, BB 2007, 2737, 2741.

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