aa) Gesetzliche Verbote

 

Rz. 1270

Eine Erstattung von Ausbildungskosten ist in Berufsausbildungsverhältnissen ausgeschlossen (§ 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BBiG), sofern es um Maßnahmen geht, die dem betrieblichen Bereich – im Gegensatz zum schulischen Bereich – zuzurechnen sind.[2722]

[2722] BAG 18.11.2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, 438; LAG Köln 3.4.2014 – 7 Sa 769/13, BeckRS 2014, 73608; Günther, öAT 2014, 137, 138; ErfK/Schlachter, § 12 BBiG Rn 4.

bb) Unangemessene Benachteiligung

(1) Vereinbarungsfähigkeit eines Rückzahlungsvorbehalts ("Ob")

 

Rz. 1271

Der Vorbehalt der Rückzahlung der Kosten ist nur zulässig, wenn der Arbeitnehmer durch die Maßnahme eine angemessene Gegenleistung erhalten hat.[2723] Ein solcher geldwerter Vorteil kann insbesondere in einer Verbesserung der Chancen auf dem Arbeitsmarkt,[2724] der Schaffung von realistischen beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten[2725] oder in der Einstufung in eine höhere Vergütungsgruppe[2726] liegen. Gleiches gilt, wenn die Weiterbildung erst die Voraussetzungen schafft, einen konkreten Arbeitsplatz bekleiden zu können.[2727] Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich vorhandene Kenntnisse und Fertigkeiten aufgefrischt oder vertieft werden bzw. an neuere betriebliche Gegebenheiten angepasst werden.[2728] Ein Rückzahlungsvorbehalt beeinträchtigt in diesen Fällen den Arbeitnehmer unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB und ist damit unwirksam. Er scheidet auch dort aus, wo der Arbeitgeber gesetzlich zum Tragen der Ausbildungskosten verpflichtet ist.[2729] Dies ist beispielsweise bei der Schulung von Betriebsräten der Fall (§§ 37 Abs. 6, 7 i.V.m. § 40 Abs. 1 BetrVG).

[2724] BAG 19.1.2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, 89; BAG 21.7.2005 – 6 AZR 452/04, NZA 2006, 542, 543; BAG 11.4.1990 – 5 AZR 313/89, NZA 1991, 178, 179; LAG Rheinland-Pfalz 3.3.2015 – 8 Sa 561/14, juris; Lakies, Vertragsgestaltung und AGB im Arbeitsrecht, Kap. 5 Rn 364; Gaenslen, öAT 2017, 92, 93; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 338; Klinkhammer/Peters, ArbRAktuell 2015, 369, 371.
[2725] BAG 21.11.2001 – 5 AZR 158/00, NZA 2002, 551, 553; BAG 23.2.1983 – 4 AZR 222/80, AP Nr. 6 zu § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe m. Anm. Pleyer; LAG Rheinland-Pfalz 6.10.2005 – 4 Sa 376/05, juris; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 338.
[2727] BAG 21.11.2001 – 5 AZR 158/00, NZA 2002, 551, 553 f.; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 338; Elking, BB 2014, 885, 888.
[2728] BAG 5.12.2002 – 6 AZR 539/01, NZA 2003, 559, 560; BAG 16.3.1994 – 5 AZR 339/92, NZA 1994, 937, 940; AGB-ArbR/Klumpp, § 307 Rn 217; Lakies, Vertragsgestaltung und AGB im Arbeitsrecht, Kap. 5 Rn 365; Lakies, BB 2004, 1903, 1907; Küttner/Poeche, Rückzahlungsklausel, Rn 9; Bettinghausen, NZA-RR 2017, 573, 574; Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 338; a.A. Schmidt/Radermacher, MDR 2014, 316, 319.
[2729] Däubler u.a./Deinert, § 307 BGB Rn 103; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 338.

(2) Ausgestaltung des Rückzahlungsvorbehalts ("Wie")

 

Rz. 1272

Die Ausgestaltung der Rückzahlungsklausel darf nicht zu einer übermäßigen Bindung des Arbeitnehmers an seinen Arbeitgeber führen. Die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung müssen in einem angemessenen Verhältnis zueinanderstehen.[2730] Die Rechtsprechung bemisst die maximal zulässige Bindungsdauer in Abhängigkeit zur Dauer der Bildungsmaßnahme und der Qualität der durch sie erworbenen Qualifikation. Folgende Leitlinien dienen dabei als Orientierungsmaßstab: Bei einer Ausbildungsdauer von bis zu einem Monat und bei bezahlter Freistellung während der Fortbildungsmaßnahme ist eine Bindungsdauer von bis zu sechs Monaten zulässig, bei einer Ausbildungsdauer von bis zu zwei Monaten eine einjährige Bindung und bei einer Ausbildungsdauer von drei bis vier Monaten eine zweijährige Bindung.[2731] Beträgt die Ausbildungsdauer zwischen sechs und zwölf Monaten, ist eine Bindungsdauer von 36 Monaten zulässig.[2732] Eine fünfjährige Bindungsdauer setzt eine mehr als zwei Jahre andauernde Fortbildungsmaßnahme voraus.[2733] Über fünf Jahre hinausreichende Bindungsfristen sind wegen § 624 BGB unwirksam.[2734] Findet die Fortbildung nur in stunden- oder tageweisen Abschnitten statt, dann ist die tatsächlich aufgewendete Ausbildungszeit ins Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit zu setzen.[2735] Wird eine Fortbildungsmaßnahme in mehreren Abschnitten durchgeführt, so sind die zwischen den einzelnen Abschnitten liegenden Zeiträume bei der Berechnung der Gesamtdauer der Fortbildungsmaßnahme nicht mitzurechnen.[2736] Gewonnen ist damit nur ein Schema für den Regelfall; letztentscheidend sind stets die Umstände des Einzelfalls. Danach kann auch bei kürzerer Ausbildung eine längere Bindung zulässig sein, wenn der Arbeitgeber ganz erhebliche Mittel aufwendet oder die Teilnahme an der Fortbildung dem Arbeitnehmer überdurchschnittlich große Vorteile...

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