Rz. 1720

Die Höhe des vereinbarten Entgelts unterliegt keiner Inhaltskontrolle (siehe dazu Rdn 187). Bei bestehender Tarifbindung darf allerdings die tarifliche Vergütung nicht unterschritten werden. Überdies ist die Grenze zum Lohnwucher zu beachten. Sittenwidrig sollen danach Vertragsgestaltungen sein, die dem Arbeitnehmer nicht die reale Chance geben, zusammen mit dem Festgehalt mindestens 2/3 des Marktüblichen zu erlangen.[3936] Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn darf ebenfalls nicht unterlaufen werden.[3937]

 

Rz. 1721

Teile des Schrifttums halten den Anteil der variablen Vergütung an der Gesamtvergütung für kontrollfähig.[3938] Zur Begründung wird insbesondere darauf verwiesen, dass andernfalls das Wirtschaftsrisiko in unzulässiger Weise vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer verlagert werde. Das BAG konnte die Frage bisher offen lassen.[3939] Richtig an dieser Ansicht ist, dass dem Arbeitnehmer eine Grundvergütung verbleiben muss, die von der Unternehmensleistung und dem Erreichen persönlicher Ziele unabhängig ist. Denn ebenso wenig, wie ein Arbeitnehmer das Wirtschaftsrisiko tragen muss, ist es mit dem Wesen des Arbeitsvertrages vereinbar, ihm eine Erfolgsgarantie aufzuerlegen.[3940] Allerdings werden die engen, von der Rechtsprechung zu Widerrufsvorbehalten (siehe dazu Rdn 1703 ff.) und zur Arbeitszeitflexibilisierung[3941] entwickelten Grenzen nicht auf das Verhältnis zwischen festen und variablen Vergütungsbestandteilen übertragbar sein. Denn zum einen hat die Rechtsprechung eine derartige Einschränkung der Vertragsfreiheit auch bei Provisionen bislang nicht gemacht – von § 87 HGB wird sie auch nicht gefordert. Zum anderen ist mit dem Akkord sogar eine rein leistungsbezogene variable Vergütung zulässig.[3942] Eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB scheidet jedenfalls dann aus, wenn bereits die fixe Vergütungskomponente der marktüblichen Vergütung entspricht. Im Übrigen spricht viel dafür, dass es ausreicht, wenn der Arbeitnehmer bei normaler Leistung ein sittengerechtes Gehalt erreichen kann.[3943]

[3936] Wisskirchen/Schwindling, ArbRAktuell 2017, 155, 156; Horcher, BB 2007, 2065, 2066. Offen BAG 24.3.2004, NZA 2004, 971, 972 f.
[3937] Wisskirchen/Schwindling, ArbRAktuell 2017, 155, 158.
[3938] Näher Horcher, BB 2007, 2065, 2067, der bei leitenden Angestellten einen flexiblen Anteil von bis zu 50 % für zulässig hält. Ablehnend Annuß, NZA 2007, 290, 291; Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 790; zusammenfassend aus jüngerer Zeit König, NZA-RR 2012, 449, 450; in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Widerrufsvorbehalten Höchstanteil von 25 %, Hümmerich/Reufels/Mengel, Rn 1858; ebenso Däubler u.a./Däubler, Anhang Rn 405.
[3939] Tendenziell zurückhaltend aber BAG 14.11.2012 – 10 AZR 783/11, NZA 2013, 1150.
[3940] Lakies, Vertragsgestaltung und AGB im Arbeitsrecht, Kap. 5 Rn 479.
[3941] BAG 7.12.2005 – 5 AZR 535/04, NZA 2006, 423, 427 f.; a.A. in Bezug auf den Widerrufsvorbehalt etwa Wisskirchen/Schwindling, ArbRAktuell 2017, 155, 156.
[3942] Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 469.
[3943] Heiden, DB 2006, 2401, 2405. Siehe auch Riesenhuber/v. Steinau-Steinrück, NZA 2005, 785, 791; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Rn 469.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge