Rz. 219

Gläubiger des Entgeltanspruchs ist grundsätzlich der Arbeitnehmer. Gleichwohl steht es jedem Arbeitnehmer frei, seinen Entgeltanspruch einem Dritten (teilweise) abzutreten.[554] Die damit für den Arbeitgeber verbundenen Nachteile liegen auf der Hand. So kann der "neue" Gläubiger den ihm abgetretenen Lohnanspruch fortan direkt einfordern, was beim Arbeitgeber zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand und damit weiteren Kosten führt.[555] Zudem sieht sich der Arbeitgeber bei der Erfüllung der Entgeltansprüche nunmehr zwei Gläubigern gegenüber.

Der Arbeitslohn ist nach §§ 400, 1274 Abs. 2 BGB lediglich in den Pfändbarkeitsgrenzen abtretbar,[556] so dass sich auch bei der Berechnung Schwierigkeiten ergeben können.[557] Schließlich läuft der Arbeitgeber Gefahr, trotz Zahlung des Entgelts nicht von der Lohnzahlungspflicht frei zu werden, beispielsweise, weil die Abtretung unwirksam oder bereits überholt war.

Vor diesem Hintergrund finden sich in Arbeitsverträgen immer wieder Klauseln, die die Abtretbarkeit des Entgeltanspruchs ausschließen. Dies ist nach § 399 Alt. 2 BGB grundsätzlich rechtlich zulässig. Allerdings besteht Streit, ob die Abtretung von Lohnforderungen auch in Allgemeinen Geschäftsbedingungen wirksam ausgeschlossen werden kann (siehe hierzu Rdn 223).[558]

Neben arbeitsvertraglichen Klauseln kommen kollektivrechtliche Regelungen zum Ausschluss der Abtretbarkeit von Lohnforderungen in Tarifverträgen[559] oder Betriebsvereinbarungen[560] in Betracht, auf die hier indes nicht näher eingegangen wird.[561]

[554] Schaub/Linck, ArbR-Hdb., § 73 Rn 1; ErfK/Preis, § 611a Rn 460.
[555] Däubler u.a./Däubler, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Anhang Rn 5; Preis/Preis, Arbeitsvertrag, II A 10 Rn 9.
[556] Zur Unpfändbarkeit von Erschwerniszulagen VG Kassel 3.6.2013 – 1 K 1496/12.KS, BeckRS 2013, 52043; zur Unpfändbarkeit von Sonn- und Feiertagszuschlägen vgl. BGH 20.9.2018 – IX ZB 41/16, NZI 2018, 986 sowie BAG 23.8.2017 – 10 AZR 859/16, NZA 2017 1548; zur Unpfändbarkeit steuerfrei gewährter Nachtarbeitszuschläge vgl. BGH 29.6.2016 – VII ZB 4/15, BeckRS 2016, 13028; zur Pfändbarkeit der Weihnachtsvergütung vgl. BAG 18.5.2016 – 10 AZR 233/15, NZA 2016, 840. Die aktuellen Pfändungsfreibeträge ergeben sich aus der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung 2019, BGBl. I, 443.
[558] Bejahend BGH 13.7.2006 – VII ZR 51/05, DB 2006, 2345; Preis/Preis, Arbeitsvertrag, II A 10 Rn 11; Moll/Melms, § 10 Rn 177; Staudinger/Wendland, § 307 Rn 301 ff.; a.A. Däubler u.a./Däubler, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, Anhang Rn 6.
[559] LAG Frankfurt 2.3.1971 – 7 (4) Sa 537/70, DB 1972, 243; Kauffmann, DB 1972, 243; ErfK/Preis § 611 BGB Rn 462.
[560] BAG 20.12.1957 – 1 AZR 237/56, AP Nr. 1 zu § 399 BGB; BAG 5.9.1960 – 1 AZR 509/57, AP Nr. 4 zu § 399 BGB; BAG 18.7.2006 – 1 AZR 578/05, NZA 2007, 462; Kauffmann, DB 1972, 243; ErfK/Preis, § 611a BGB Rn 462; Seel, MDR 2011, 526; zur arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf ein umfassendes Lohn- und Abtretungsverbot in einer Betriebsvereinbarung "Arbeitsordnung" vgl. LAG Niedersachsen 16.6.2014 – 13 Sa 1327/13, NZA-RR 2014, 524.

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