Rz. 63

Der Status als Vertrauensperson ist von wesentlicher Bedeutung in der Vertrauensschadenversicherung. Versicherungsschutz besteht mit eng begrenzten Ausnahmen der Schadensverursachung durch Dritte gem. §§ 10 ff. und 15 ff. AVB-VSV/P nur, sofern eine Vertrauensperson für den Schaden an eigenen oder an den Rechtsgütern Dritter nach allgemeinem Haftpflichtrecht verantwortlich gemacht werden kann. Die zum Kreis der Vertrauenspersonen zählenden Personen werden abschließend in § 14 AVB-VSV/K bzw. § 34 AVB-VSV/P festgelegt. Hierzu zählen alle für den Versicherungsnehmer tätigen Arbeitnehmer, Aushilfen, Volontäre, Auszubildende, Praktikanten, Heimarbeiter und Gaststudenten; alle Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer, Aufsichts-, Verwaltungs- und Beiräte; Zeitarbeitskräfte; Personen, die sich berechtigt in den Räumen oder auf dem Betriebsgelände des versicherten Unternehmens aufhalten; Personen, die mit der Installation, Wartung oder Betreuung von EDV-Geräten (Hardware) oder mit der Entwicklung, Wartung oder Betreuung von EDV-Programmen (Software) betraut sind; Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater sowie deren Angestellte, die im Auftrag des versicherten Unternehmens für dieses berufsübliche Dienstleistungen erbringen. Soweit ein Schaden durch Zeitarbeitskräfte, betriebsfremde Personen, IT-Personal, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater verursacht werden, besteht nach § 15 Nr. 2 AVB-VSV/K bzw. § 35 Nr. 2 AVB-VSV/P Versicherungsschutz unter dem (zeitlichen) Vorbehalt, dass kein Schadenersatz von einem Dritten erlangt werden kann, der dem versicherten Unternehmen gegenüber für den Schaden ganz oder teilweise haftet. Kann die Schadenersatzpflicht dieses Dritten nämlich nicht innerhalb von 6 Monaten nach der Anzeige des Versicherungsfalles ganz oder teilweise geklärt werden, ersetzt der Versicherer gleichwohl den Schaden (gegen Abtretung sämtlicher Ansprüche, die dem versicherten Unternehmen gegen den Dritten zustehen).

 

Rz. 64

Der Status als Vertrauensperson besteht grds. unabhängig von der Wirksamkeit des Arbeitsvertrages, so dass er auch Personen einschließt, die aufgrund rein faktischer Arbeitsverhältnisse für das versicherte Unternehmen tätig sind.[105] Mitglieder des Vorstands, der Geschäftsführung, des Aufsichts-, Verwaltungs- oder Beirates sind nach §§ 14 Nr. 2, 15 Nr. 1 AVB-VSV/K bzw. §§ 34 Nr. 2, 35 Nr. 1 AVB-VSV/P als Vertrauensperson zu qualifizieren, wenn sie erstens ordnungsgemäß bestellt worden sind, zweitens nicht mit mehr als 20 Prozent direkt oder indirekt am Versicherungsnehmer beteiligt sind und drittens sich selbst rechtswidrig bereichert haben. Das Erfordernis einer rechtswidrigen Bereicherung der Vertrauensperson trägt dem Umstand Rechnung, dass eine tatsächlich eintretende Bereicherung gem. § 266 StGB (sowie etwaig damit verbundene Urkundendelikte) tatbestandsmäßig nicht vorausgesetzt wird. Hierdurch sollen solche Fälle vom Versicherungsschutz ausgeschlossen werden, in denen ein Organmitglied entweder zugunsten des Unternehmens oder in der Absicht handelt, Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Die Eigenschaft als Repräsentant des Versicherungsnehmers begründet für sich allein nicht den Status als Vertrauensperson, wenn auch häufig aufgrund der bedingungsmäßigen Tätigkeitsanknüpfung zugleich eine Qualifizierung als Vertrauensperson in Betracht kommen wird.[106] Haben an der Herbeiführung des Versicherungsfalls mehrere Vertrauenspersonen zusammengewirkt und kommt einer der beteiligten Personen darüber hinaus Repräsentanteneigenschaft zu, führt § 81 VVG als subjektiver Risikoausschluss nicht zum Ausschluss des Deckungsanspruchs. Grund hierfür ist, dass § 81 VVG wegen der sich aus dem Schutzzweck ergebenden stillschweigenden vertraglichen Abbedingung (vgl. § 87 VVG) keine Anwendung findet hinsichtlich Personen, die bedingungsgemäß in den Versicherungsschutz einbezogen sind.[107]

 

Rz. 65

Für die Fälle, in denen sich die Vertrauensperson nicht namentlich identifizieren lässt, ist der Versicherer unter der Voraussetzung gem. § 2 AVB-VSV zur Leistung verpflichtet, dass dem Versicherungsnehmer der Schaden nach dem Tathergang mit überwiegender Wahrscheinlichkeit – vgl. § 286 ZPO – von einer nicht identifizierten (nicht identifizierbaren) Vertrauensperson zugefügt wurde.[108] Weiterhin ist Voraussetzung, dass sich der Tathergang den Unterlagen oder behördlichen Ermittlungsergebnissen entnehmen lässt.

 

Rz. 66

Die Vertrauensperson muss zum Zeitpunkt der Schadenverursachung einen entsprechend der aufgezeigten Fallgruppen einzuordnenden Status im Unternehmen eingenommen haben, vgl. § 8 AVB-VSV/K bzw. § 34 AVB-VSV/P. Ist bei einem mehraktigen Verletzungsgeschehen der Schaden erst später und/oder nur durch das Hinzutreten weiterer Tatsachen eingetreten, liegt kein gedehnter Versicherungsfall vor.[109] Für den Fall, dass der Schädiger seinen Status als Vertrauensperson bspw. durch Kündigung verliert, besteht gleichwohl Versicherungsschutz, sofern das Ende des zwischen der Vertrauensp...

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