Rz. 30

Durch Wiedereinschluss sind (mittelbare) Schäden infolge Geheimnisverrats, Aufwendungen zur Fortführung des Geschäftsbetriebs infolge Eingriffe Dritter in das EDV-System, die innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten nach dem Eingriff getätigt wurden und Schäden im Zusammenhang mit Überweisungen nach Ausspähen und Missbrauch von Benutzerzugangsdaten sowie Vertragsstrafen versichert.

aa) Verrat von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen

 

Rz. 31

Die PKS 2015 weist 396 Fälle für den Deliktsbereich der Betriebsspionage aus.[55] Gerade bei Hochtechnologie-Unternehmen, in denen das technische Know-how von einem immensen wirtschaftlichen Wert ist, finden die Schäden durch Betriebsspionage jedoch durch die oft nur eingeschränkte Anzeigebereitschaft keinen Eingang in die Fallzahlenstatistik der PKS.[56] Hinzu kommt, dass der Großteil der Spionageattacken vom Ausland ausgeht und entweder unbemerkt bleibt oder aber erst viel später, bspw. auf Ausstellungsmessen, aufgedeckt wird.

 

Rz. 32

Während in der Basisdeckung gem. § 28 Nr. 5 AVB-VSV/K für diese Schäden kein Deckungsschutz gewährt wird, sind nach Maßgabe der §§ 5 ff. AVB-VSV/P sowohl Eigen- als auch Fremdschäden vom Versicherungsschutz umfasst, soweit sie durch eine Vertrauensperson dadurch zugefügt werden, dass sie Betriebsgeheimnisse vorsätzlich und rechtswidrig an unberechtigte Dritte weitergibt oder selbst verwendet. Hier ist die Beschränkung des Versicherungsschutzes für den entgangenen Gewinn gem. § 51 Nr. 1 AVB-VSV/P ausdrücklich ausgenommen. Vergegenwärtigt man sich das typische Schadensszenario für diesen Bereich des Vertrauensschadens (Wettbewerbsnachteile durch Entwendung von Preiskalkulationen, Lieferanten- und Kundenlisten; Zu-Eigen-Machen von Absatz- und Werbemethoden, Herstellungsverfahren und Modellskizzen u.v.m.), würde der Ausschluss des entgangenen Gewinns den erwartbaren Leistungszweck der VSV, so wie er in § 5 AVB-VSV/P zum Ausdruck gelangt, gefährden.

[55] Straftatenschlüssel 715300 und 715400.
[56] Vgl. Kiethe/Groeschke, WRP 2005, 1358, 1359.

bb) Eingriffe Dritter in das EDV-System

 

Rz. 33

Nach §§ 15 ff. AVB-VSV/P besteht Versicherungsschutz für Schäden durch Eingriffe Dritter in das EDV-System (Hackerschäden). Als mittelbare Schäden versichert sind erstens die Aufwendungen des versicherten Unternehmens, die zur Fortführung des Geschäftsbetriebs erforderlich waren und ohne den Versicherungsfall nicht oder nicht in dieser Höhe entstanden wären, wobei sich der Versicherungsschutz auf diejenigen Aufwendungen beschränkt, die längstens 6 Monate nach dem Eingriff getätigten wurden (§ 17 Ziff. 1 AVB-VSV/P), zweitens Schäden im Zusammenhang mit Überweisungen nach Ausspähen und Missbrauch von Benutzerzugangsdaten (§ 17 Ziff. 2 AVB-VSV/P). Die Entschädigungsleistung des Versicherers ist in jedem Falle durch ein Sublimit auf 50 Prozent der Versicherungssumme, maximal auf 1 Mio. EUR begrenzt.

cc) Vertragsstrafen

 

Rz. 34

Nach §§ 20 f. AVB-VSV/P sind (wirksame) Vertragsstrafen i.S.d. § 339 BGB, § 348 HGB versichert, wobei die Versicherungsleistung hier auf ein Sublimit von max. 1 Mio. EUR begrenzt ist. Darüber hinaus muss der Anspruch auf die Zahlung der Vertragsstrafe durch den Eintritt eines Versicherungsfalles, m.a.W. durch eine vorsätzliche unerlaubte Handlung einer Vertrauensperson ausgelöst worden sein. Insoweit haften die Vertrauensperson und der Versicherungsnehmer dem Dritten gegenüber als Gesamtschuldner, wobei neben § 840 Abs. 2 BGB hier die Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs insofern keine Rolle spielen, als dass nach der hergebrachten Rechtsprechungs-Trichotomie bei vorsätzlichen Handlungen eine quotale Anspruchskürzung gem. § 254 BGB (analog) gerade nicht in Betracht kommt.

dd) Reputationsschäden

 

Rz. 35

Nach §§ 22 ff. AVB-VSV/P sind die von einem versicherten Unternehmen aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung an einen Dritten geleisteten Zahlungen versichert, den das versicherte Unternehmen beauftragt hat, um einen eingetretenen Reputationsschaden zu mindern.

Für Reputationsschäden selbst besteht kein Versicherungsschutz. Ein Reputationsschaden liegt bedingungsgemäß vor, wenn aufgrund eines Versicherungsfalles durch Berichterstattung in den Medien die Glaubwürdigkeit eines versicherten Unternehmens und das ihm entgegengebrachte Vertrauen erschüttert worden sind. Aufwendungen für Schäden, die dadurch entstehen, dass Mitarbeiter nach außen etwa gegenüber Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden oder über soziale Netzwerke Hinweise auf einen vermeintlich bestehenden Missstand im Unternehmen geben (sog. Externes Whistleblowing), wären zwar u.U. als versicherte Reputationsschäden gem. § 22 ff. AVB-VSV/P oder im Falle der Weitergabe von geschützten Daten als schadensbewehrter Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb anzusehen. Sie sind möglicherweise aber deswegen nicht vom Versicherungsschutz umfasst, da es bereits an einer rechtswidrigen Handlung des Hinweisgebers fehlt.[57] Die Erstattung der Kosten zur Minderung eines Reputationsschadens ist auf 50.000 EUR begrenzt.

[57] Weiterführend dazu Eufinger, WM 2016, 2336, 2337 f.; Klasen/Schaefer,...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge