Rz. 24

Die VSV ersetzt gem. §§ 1, 2 AVB-VSV dem versicherten Unternehmen typischerweise die Eigenschäden, die es durch vorsätzliche unerlaubte Handlungen von Vertrauenspersonen i.S.v. § 14 AVB-VSV/K bzw. § 34 AVB-VSV/P, die nach den gesetzlichen Bestimmungen zum Schadenersatz verpflichten, erleidet. Für die Erstattung von Fremdschäden verlangt § 3 AVB-VSV zusätzlich zum Vorliegen einer vorsätzliche unerlaubten Handlung einer Vertrauensperson, dass das versicherte Unternehmen dem geschädigten Dritten aufgrund einer vertraglichen oder gesetzlichen Verpflichtung hierfür Schadenersatz geleistet hat und die Vertrauensperson dem versicherten Unternehmen gegenüber nach den gesetzlichen Bestimmungen über unerlaubte Handlungen in entsprechender Höhe zum Schadenersatz verpflichtet ist. Durch den insoweit klaren Wortlaut kann von dem Versicherer ein Freistellungsanspruch in der Höhe des Schadenersatzanspruches des Geschädigten – so wie er der Haftpflichtversicherung gem. § 100 VVG zu Eigen ist – nicht hergeleitet werden. Die Ersatzpflicht setzt in dem einen wie dem anderen Fall bedingungsgemäß voraus, dass das versicherte Unternehmen den Grund und die Höhe der ihm gegenüber bestehenden Schadenersatzpflicht der Vertrauensperson unverzüglich nachweist (siehe Rdn 57).

 

Rz. 25

Nach §§ 10 ff. und 15 ff. AVB-VSV/P werden darüber hinaus auch Schäden durch außenstehende Dritte infolge von Raub, Diebstahl und Betrug (mittels gefälschten Zahlungsmitteln, Schecks, Wechseln, Anweisungen, Bestellung oder Rechnungen) sowie infolge von Eingriffen in das EDV-System vom Versicherungsschutz umfasst, wobei bei Schäden durch Eingriffe in das EDV-System gem. § 18 AVB-VSV/P Voraussetzung ist, dass das versicherte Unternehmen eine Strafanzeige gegen die Person des Dritten erstattet.[39] Bei Schäden infolge von Raub oder Diebstahl besteht Deckung nur unter der Voraussetzung, dass sich die Sachen in einem verschlossenen Tresor, verschlossenen Bankschließfach oder im Gewahrsam einer Vertrauensperson befunden haben. Nach § 11 AVB-VSV/P ist jede juristische oder natürliche Person Dritter, die weder Vertrauensperson noch in ihrer Eigenschaft Vorstandsmitglied, Geschäftsführer, Aufsichtsrat, Beirat, Gesellschafter oder Treuhänder eines versicherten Unternehmens ist. § 11 AVB-VSV/P ergänzt insoweit die Regelung in § 34 Nr. 2 AVB-VSV/P, der zufolge die Mitglieder des letztgenannten Personenkreises nur dann als Vertrauenspersonen gelten, soweit sie nicht mit mehr als 20 Prozent direkt oder indirekt am versicherten Unternehmen beteiligt sind. Ohne § 11 AVB-VSV/P würde für unerlaubte Handlungen dieses Personenkreises auch dann Versicherungsschutz bestehen, wenn sie mit einem höheren Prozentsatz an dem Versicherungsnehmer beteiligt wären.

Für die Auslegung der Begriffe, die an die deliktische Begehungsform anknüpfen (Raub, Diebstahl, Betrug), gilt im Ausgangspunkt das auch im Strafrecht maßgebliche Sprachverständnis, worin der durchschnittliche Versicherungsnehmer durch die Formulierung in § 10 AVB-VSV/P bekräftigt wird, laut der Versicherungsschutz besteht für Schäden, die "durch folgende Straftaten im Sinne des Strafgesetzbuches der Bundesrepublik Deutschland zugefügt werden".[40] Mit der Heros-Entscheidung des BGH[41] ist aber anzunehmen, dass die strafrechtliche Konkurrenzlehre dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht bekannt ist, so dass es für den Deckungsschutz in der VSV nicht maßgeblich ist, sollte eine Verurteilung etwa wegen Betruges aus Konkurrenzgründen ausscheiden. Der BGH hebt überdies zu Recht hervor, dass die Konkurrenzlehre allein dem Zweck dient, bei Verwirklichung mehrerer Strafnormen diejenigen Bestimmungen zu ermitteln, deren Strafdrohung die konkrete Strafe zu entnehmen ist. Das ist jedoch für die Beschreibung des Versicherungsfalles ohne Belang.

Während nach § 14 Nr. 5 a) AVB-Vertrauensschaden 2008 die Ersatzpflicht des Versicherers für einen durch außenstehende Dritte verursachten Schaden ausgeschlossen war, wenn dieser durch eine Vertrauensperson grob fahrlässig mitverursacht wurde, sehen die AVB-VSV/P einen entsprechenden Ausschluss nicht mehr vor. Eine Kürzung des Versicherungsschutzes gem. § 81 Abs. 2 VVG kommt in diesen Fällen allenfalls dann in Betracht, wenn die Vertrauensperson zugleich als Repräsentant[42] des Versicherungsnehmers gehandelt hat.

 

Rz. 26

Kein Versicherungsschutz besteht gem. § 12 AVB-VSV/P für Schäden, an deren Verursachung ein Mitarbeiter eines Werttransportunternehmens oder ein Gesellschafter eines versicherten Unternehmens beteiligt war oder die im Zusammenhang mit Factoring entstanden sind. Hierunter wird der Verkauf von Forderungen des Factoring-Kunden gegen dessen Schuldner (Debitoren) verstanden, was als Finanzierungsinstrument und für die Gefahr des Forderungsausfalls Bedeutung erlangt. Bspw. beim Factoring-Geschäft mit ärztlichen Honorarforderungen ist die Abrechnung des privatliquidierenden Arztes (Chefarzt, leitender Angestellter) angesichts der z.T. fehlenden Überprüfbarkeit und Vereinbarunge...

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