Rz. 218
Anspruchsinhaber kann nur sein, wer (abstrakt) dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehört. Das Bestehen eines ordentlichen Pflichtteilsanspruchs ist nicht erforderlich,[660] sodass auch für den gesetzlichen Erben[661] oder sogar den Alleinerben[662] Pflichtteilsergänzungsansprüche in Betracht kommen können. Voraussetzung ist lediglich, dass der Anspruchsteller weniger erhält, als es der Summe aus Ergänzungspflichtteil und ordentlichem Pflichtteil entspricht.[663]
Rz. 219
Anspruchsberechtigt ist, wer im Zeitpunkt des Erbfalles zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten zählt. Nach früherer Rechtsprechung bezog sich der Schutzzweck des § 2325 BGB grundsätzlich nur auf diejenigen Personen, die sowohl im Zeitpunkt der Schenkung als auch beim Erbfall zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten zählen (sog. Doppelberechtigung des Pflichtteilsergänzungsberechtigten).[664]
Rz. 220
Der BGH hat aber mit Urteil vom 23.5.2012[665] die Theorie von der Doppelberechtigung aufgegeben und dadurch die bisherige (potentielle) Ungleichbehandlung zu unterschiedlichen Zeitpunkten geborener Abkömmlinge beseitigt. Das tragende Argument der Entscheidung ist, dass es für die (bisherige) Forderung nach einer Pflichtteilsberechtigung nicht nur zum Zeitpunkt des Erbfalls, sondern auch zur Zeit der Schenkung keinen Anhaltspunkt im Gesetz gibt. Das gilt prinzipiell für alle Pflichtteilsberechtigten. Zwar hat sich der BGH ausdrücklich nur zu Abkömmlingen des Erblassers geäußert, allerdings gibt es keinen rechtlichen tragfähigen Grund, die Rechtslage bzgl. des Ehegatten anders zu beurteilen.[666]
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