Rz. 278

Das Urteil des BGH vom 28.4.2010 beschäftigt sich ausdrücklich nur mit der Einräumung eines widerruflichen Bezugsrechts für eine kapitalbildende Lebensversicherung. Aus der Argumentation des BGH lassen sich aber auch Rückschlüsse ziehen, wie andere Konstellationen im Zusammenhang mit Lebensversicherungen zukünftig zu beurteilen sind: So wird man unterstellen können, dass auch bei der Einräumung eines unwiderruflichen Bezugsrechts zunächst der Rückkaufswert der Versicherung im Zeitpunkt der Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts (Bewirkung der Schenkung) im Rahmen etwaiger Pflichtteilsergänzungsansprüche zu berücksichtigen ist.[820] Insoweit ist aber zu beachten, dass hinsichtlich dieses Werts mit Bezugsrechtseinräumung die Zehnjahresfrist des § 2325 Abs. 3 BGB zu laufen beginnt.[821] Soweit der Erblasser auch nach der Einräumung des unwiderruflichen Bezugsrechts noch weitere Versicherungsprämien leistet, handelt es sich hierbei – und zwar bei jeder einzelnen Prämienzahlung – ggf. um weitere ergänzungspflichtige Zuwendungen.[822] Im Rahmen des Niederstwertprinzips kann allerdings zu prüfen sein, inwieweit die weiteren Prämienzahlungen überhaupt zu einer (zusätzlichen) Wertsteigerung des Versicherungsverhältnisses geführt haben. Hätte bspw. der Versicherungsvertrag beitragsfrei gestellt werden können, ohne dass es hierdurch zu einer Reduzierung der Todesfallleistung gekommen wäre, wären die weiteren Prämienzahlungen durch den Erblasser im Rahmen der Bestimmung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs nicht zu berücksichtigen.[823]

[820] Ebenso Herrler, ZEV 2010, 333, 337, der allerdings im Hinblick auf die Ungewissheit, wann der Versicherungsfall eintritt, einen "angemessenen Abschlag" als geboten erachtet. Dem ist im Hinblick auf den Normzweck des § 2325 BGB nicht zuzustimmen. Denn Bemessungsgrundlage des Pflichtteilsergänzungsanspruchs ist nicht der Wert, den der Schenkungsgegenstand in der Hand des Beschenkten hat, sondern der Wert, der aus dem Vermögen des Erblassers/Schenkers abfließt. Dies ist der ungekürzte Rückkaufswert.
[821] Ahrens, ErbR 2008, 247; Leitzen, RNotZ 2009, 129, 144; Herrler, ZEV 2010, 333, 337 m.w.N.
[822] Ebenso Herrler, ZEV 2010, 333, 337.
[823] Vgl. hierzu auch Herrler, ZEV 2010, 333, 337 unter Hinweis auf BGH ZErb 2010, 189, 192.

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