Rz. 7

Im Gegensatz zur länger zurückliegenden Vergangenheit führt seit dem 1.1.1977[9] die Adoption eines minderjährigen Kindes zur sog. Volladoption. Das heißt, das Verwandtschaftsband des adoptierten Kindes zu seiner natürlichen Familie wird aufgelöst. Dies hat zur Folge, dass das Kind sein Erb- und Pflichtteilsrecht gegenüber seinen leiblichen Eltern und Großeltern verliert, § 1755 BGB. Es wird vollständig und mit allen rechtlichen Konsequenzen in die Familie des Annehmenden integriert und erlangt sowohl gegenüber dem Annehmenden als auch gegenüber dessen Eltern und Großeltern volle Erb- und Pflichtteilsrechte, § 1754 BGB. Nur in Ausnahmefällen wird das Band zu den Blutsverwandten nicht aufgelöst. Es handelt sich hierbei um die Fälle der Verwandten-, Verschwägerten- und Stiefkindadoption, §§ 1755 Abs. 2, 1756 Abs. 1, 2 BGB. Hier bleiben Erb- und Pflichtteilsrechte nach den Blutsverwandten des Adoptivkindes erhalten.

 

Rz. 8

Bei der Annahme Volljähriger wird das Verwandtschaftsband zu den Blutsverwandten hingegen grundsätzlich nicht zerschnitten, § 1770 Abs. 2 BGB. Der Angenommene bleibt daher gegenüber den natürlichen Verwandten erb- und pflichtteilsberechtigt. Die verwandtschaftlichen Beziehungen gegenüber dem Annehmenden werden quasi zusätzlich begründet, dies gilt aber nicht gegenüber dessen Verwandten, § 1770 Abs. 1 BGB.

Damit besteht ein gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht sowohl gegenüber den Adoptiveltern als auch gegenüber den leiblichen Eltern (und umgekehrt). Da die Verdoppelung der Elternverhältnisse nicht zu einer Verdoppelung des Pflichtteils führen kann, würde der Elternpflichtteil hälftig zwischen den beiden Elternpaaren geteilt.[10]

Auf Antrag kann das Familiengericht der Adoption eines Volljährigen aber die rechtlichen Wirkungen der Adoption eines Minderjährigen zusprechen. Geschieht dies, gelten die Regeln der Volladoption entsprechend, § 1772 BGB.

[9] Erfolgte die Adoption vor dem 1.1.1977 unter Geltung des alten Adoptionsrechts (sog. Altadoptionen), so ist das in Art. 12 §§ 1–7 AdoptG niedergelegte Übergangsrecht zu beachten, durch das die Altadoptionen in Minderjährigenadoptionen bzw. Volljährigenadoptionen neuen Rechts übergeleitet wurden. Zur alten Rechtslage vgl. Damrau/Tanck/Riedel, PK Erbrecht, § 2303 Rn 5 ff.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge