Rz. 227

Bei gegenseitigen Verträgen zu unter fremden Dritten üblichen Konditionen scheidet eine Schenkung grundsätzlich aus.[681] Im Einzelfall ist aber stets zu prüfen, ob die getroffenen Vereinbarungen diesem Fremdvergleich standhalten oder ob es sich um eine gemischte oder verschleierte Schenkung handelt. Die Rechtsprechung setzt hier relativ enge Grenzen: Eine objektiv fehlende Gegenleistung kann durch den Parteiwillen nicht ersetzt werden.[682] Von sachfremden Erwägungen getragene, willkürliche Bemessungen von Leistung und Gegenleistung sind nicht geeignet, die (teilweise) Unentgeltlichkeit einer Zuwendung zu verhindern.[683] Bei einem groben Missverhältnis der einander gegenüberstehenden Werte spricht daher eine tatsächliche Vermutung für den Willen der Parteien zur Unentgeltlichkeit bzw. zur Bereicherung des weniger leistenden Teils.[684] Dem Pflichtteilsberechtigten obliegt aber auf jeden Fall der Nachweis des objektiven Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Er hat die zugrunde zu legenden Werte darzutun und ggf. zu beweisen.[685]

 

Rz. 228

Einen Sonderfall bilden insoweit die sog. Übergabeverträge, bei denen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge Vermögen auf die nächste Generation oder sonstige Empfänger übertragen wird. Hier entspricht es gerade dem Sinn und Zweck des Vertrages, sich bei der Bemessung des Entgelts bzw. der Gegenleistung eher großzügig zu zeigen. Die Rechtsprechung erkennt daher diese Verträge als entgeltlich an, wenn sich die Werte von Leistung und Gegenleistung (auch unter Berücksichtigung des Verwandtschaftsverhältnisses) in einem vernünftigen Rahmen bewegen.[686]

 

Rz. 229

Gemischte Schenkungen sind dadurch gekennzeichnet, dass das vereinbarte Entgelt wertmäßig hinter der Leistung des Zuwendenden zurückbleibt und die Parteien sich über die teilweise Unentgeltlichkeit der erfolgten Zuwendung einig sind.[687] Allerdings ist der Wert der auszutauschenden Leistungen nicht allein nach objektiven Kriterien zu beurteilen; vielmehr sollen die Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit den Wert der gegenseitigen Leistungen weitgehend frei bestimmen können. Für den Pflichtteilsergänzungsanspruch ist jedenfalls nur der unentgeltliche Teil des Zuwendungsverhältnisses relevant.[688]

[681] OLG Bamberg ZEV 2008, 386; die Entgeltlichkeit kann auch noch nachträglich durch entsprechenden Änderungsvertrag herbeigeführt werden, BGH ZEV 2007, 326 m. Anm. Kornexl.
[682] BGH NJW 1961, 604; BGH NJW 1972, 1709.
[683] BGH NJW 1981, 2458; BGH NJW 1972, 1709; BGH NJW 1961, 604.
[684] BGHZ 59, 132 = NJW 1972, 1709; BGH NJW 1992, 558.
[686] BGH LM Nr. 1 zu § 2325.
[687] BGH NJW-RR 1993, 773, 774.
[688] BGH NJW 1972, 1709; OLG Brandenburg FamRZ 2010, 933, 934.

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