Rz. 10

Zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten zählt auch der Ehegatte. Voraussetzung ist, dass er im Zeitpunkt des Erbfalls mit dem Erblasser in einer gültigen Ehe verheiratet war.[19] Gültig in diesem Sinne sind auch die sog. "freien Ehen" rassisch und politisch Verfolgter[20] sowie durch Fern- und Nottrauungen geschlossene Ehen.[21] War die Ehe vor dem Tod des Erblassers rechtskräftig für nichtig erklärt (§§ 16, 23 EheG) oder aufgehoben (§§ 28 ff. EheG) worden, besteht kein Pflichtteilsrecht (mehr). Dasselbe gilt, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden (§§ 1564 ff. BGB) oder durch Schließung einer neuen Ehe nach einer Todeserklärung (§ 38 Abs. 2 EheG) oder Feststellung der Todeszeit (§ 39 VerschG) aufgelöst worden war.[22]

 

Rz. 11

Das bloße Getrenntleben der Ehegatten beseitigt die wechselseitigen Erb- und Pflichtteilsberechtigungen nicht. Nur wenn im Zeitpunkt des Erbfalls schon alle Voraussetzungen für die Ehescheidung erfüllt waren und der Erblasser die Scheidung beantragt oder ihr zugestimmt hatte, entfallen gem. § 1933 BGB die Erb- und Pflichtteilsrechte.[23] Hierzu ist anzumerken, dass der Erb- und Pflichtteilsausschluss nur dann wechselseitig wirkt, wenn auch der Antragsgegner der Scheidung zugestimmt hat.[24] Denn nach § 1933 BGB entfällt nicht das Pflichtteilsrecht des Antragstellers, sondern nur das des Antragsgegners (im Scheidungsverfahren) bzw. des Beklagten (im Aufhebungsverfahren).[25] Trotz verfassungsrechtlicher Bedenken gegen diese Situation[26] bestehen insoweit erhebliche Risiken für den "passiven Teil" des Scheidungs- bzw. Nichtigkeitsverfahrens.[27]

Unterhaltsrechtlich kann sich auch nach Auflösung der Ehe eine Teilhabe des früheren Ehegatten am Nachlass durch § 1586b BGB ergeben.

Bei der Pflichtteilsquote des Ehegatten ergeben sich Besonderheiten durch § 1371 BGB. Die Erb- und Pflichtteilsquote des Ehegatten ist abhängig vom Güterstand, vgl. hierzu Rdn 78 ff.

[19] Staudinger/Herzog, § 2303 Rn 31.
[20] Damrau/Tanck/Riedel, PK Erbrecht, § 2303 Rn 19 m.w.N.
[21] Vgl. Damrau/Tanck/Riedel, PK Erbrecht, § 2303 Rn 19 m.w.N.
[22] Staudinger/Herzog, § 2303 Rn 32.
[23] Staudinger/Herzog, § 2303 Rn 33; die Rechtsfolge des § 1933 BGB ist gem. § 1933 S. 2 BGB auf die Aufhebungsklage entsprechend anzuwenden – für die Nichtigkeitsklage gilt sie aber nicht, MüKo/Leipold, § 1933 Rn 16 ff.
[24] OLG Koblenz ZEV 2007, 379; OLG Köln ZEV 2003, 326 m. Anm. Werner; Damrau/Tanck/Riedel, PK Erbrecht, § 2303 Rn 19 m.w.N.; Staudinger/Herzog, § 2303 Rn 35.
[25] Dieckmann, FamRZ 1979, 389, 396; Battes, FamRZ 1977, 433, 438; Reimann, ZEV 1995, 329.
[26] BVerfG ZEV 1995, 184; BGHZ 111, 329, 333 f. = NJW 1990, 2382.
[27] Vgl. hierzu ausführlich Staudinger/Herzog, § 2303 Rn 35.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge