(1) Urkundenvorlage durch Dritte

 

Rz. 201

Nach § 142 ZPO kann das Gericht – ggf. unter Fristsetzung – von Amts wegen die Vorlage von Urkunden nicht nur durch die Parteien, sondern auch durch Dritte anordnen, sofern dem Dritten dies zumutbar ist und er kein Zeugnisverweigerungsrecht hat.[200] Zwangsmittel stehen gegenüber dem Dritten wie gegenüber einem Zeugen zur Verfügung. Bei Erbteilungsklagen ist die Kenntnis über ausgleichungspflichtige Vorempfänge von großer Wichtigkeit (§§ 2050 ff., 1624 BGB). Urkunden sind generell zuverlässigere Beweismittel als Zeugenaussagen. Deshalb ist es für eine beweispflichtige Partei von Vorteil, wenn ein Dritter schriftliche Unterlagen, bspw. einen Überweisungsbeleg, vorlegen kann. Dritter kann auch der zuständige Mitarbeiter einer Bank sein, die Kontounterlagen wenigstens in der Form von Mikrofilmen besitzt.

[200] Vgl. ausführlich Frühauf/Kortge, Das Zivilprozessreformgesetz, Beilage NJW 2000 Heft 40; Krug, ZEV 2002, 58.

(2) Schlüssigkeit der Klage

 

Rz. 202

Der Klageantrag kann sich darauf beschränken, Auskunft über die auszugleichenden Zuwendungen zu erteilen.[201] Der klagende Miterbe braucht weder darzulegen noch zu beweisen, dass eine Zuwendung erfolgt ist.[202] Es reicht, wenn der Kläger darlegt und ggf. beweist, dass er und der beklagte Miterbe an einer nach dem Gesetz vorzunehmenden Ausgleichung gemäß den Vorschriften der §§ 2050 ff. BGB beteiligt sind.

[201] BayObLG OLGE 37, 253.
[202] Staudinger/Werner, § 2057 BGB Rn 7; MüKo/Fest, § 2057 BGB Rn 8.

(3) Beweislast bei gemischter Schenkung

 

Rz. 203

Behauptet der Kläger, ein entgeltliches Rechtsgeschäft beinhalte wegen seiner besonderen rechtlichen Ausgestaltung eine ausgleichungspflichtige Zuwendung, so trägt er dafür die Beweislast.[203]

[203] Soergel/Wolf, § 2057 BGB Rn 4; MüKo/Fest, § 2057 BGB Rn 8.

(4) Streitwert

 

Rz. 204

Der Streitwert einer Auskunftsklage richtet sich nicht nach dem von einer Ausgleichung zu erwartenden Vorteil, sondern nach dem Interesse an der verlangten Auskunft in ihrer Eigenschaft als den Leistungsanspruch sichernde Hilfsleistung.[204]

[204] OLG München BayZ 1934, 321; Soergel/Wolf, § 2057 BGB Rn 7.

(5) Eidesstattliche Versicherung

 

Rz. 205

Die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung ist nur für den Fall geschuldet, dass ein begründeter Verdacht besteht, die Auskunft sei nicht mit der gebotenen Sorgfalt erteilt worden, § 260 Abs. 2 BGB. Wurde die Auskunft erteilt, so kann wegen einer etwaigen Unvollständigkeit grundsätzlich nicht eine Ergänzung der Auskunft, sondern lediglich die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verlangt werden, es sei denn, die Auskunftspflicht könnte als nicht erfüllt angesehen werden.[205]

Die eidesstattliche Versicherung ist im FG-Verfahren – § 410 Nr. 1 FamFG abzugeben; funktionell zuständig ist der Rechtspfleger, § 3 Nr. 1 Buchst. b RPflG.

Wurden in der Auskunft Wertangaben gemacht, so bezieht sich die eidesstattliche Versicherung auch darauf.[206]

Wert der Beschwerde gegen die Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung: Der Wert des Beschwerdegegenstandes bemisst sich auch im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die Verurteilung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach dem Aufwand an Zeit und Kosten, den die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erfordert, sowie nach einem Geheimhaltungsinteresse des Verurteilten. Der eigene Zeitaufwand des Verpflichteten kann hierbei entsprechend den Regelungen für Zeugen im JVEG bewertet werden, woraus sich maximal 25 EUR pro Stunde ergeben (§ 22 S. 1 JVEG). Der zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Verurteilte ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, die erteilte Auskunft auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls zu ergänzen und zu berichtigen. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts kann dem Verpflichteten dann nicht verwehrt werden, wenn der Urteilsausspruch nicht hinreichend bestimmt genug ist, so dass Zweifel über seinen Inhalt und Umfang im Vollstreckungsverfahren zu klären sind, oder wenn die sorgfältige Erfüllung des titulierten Anspruchs Rechtskenntnisse voraussetzt.[207]

[205] MüKo/Fest, § 2057 BGB Rn 9.
[206] BayObLG OLGE 37, 253.
[207] BGH ErbR 2018, 91 = FamRZ 2017, 1954 = ZEV 2017, 648; BGH FamRZ 2017, 225; BGH FamRZ 2010, 891.

(6) Nichterteilung von Auskünften als Einrede gegen den Erbauseinandersetzungsanspruch

 

Rz. 206

Die Auseinandersetzung des Nachlasses kann solange nicht erfolgen, als nicht Klarheit über die ausgleichungspflichtigen Vorempfänge herrscht. Deshalb können die in der Erbteilungsklage beklagten Miterben solange nicht zur Zustimmung zum Teilungsplan verurteilt werden, als der Kläger nicht Auskunft darüber erteilt hat, ob und ggf. welche Zuwendungen er vom Erblasser erhalten hat, die nach den Vorschriften über die Ausgleichung nach §§ 2050 ff. BGB in der Erbteilung zu berücksichtigen sind. Solange kann eine Erbteilung nicht durchgeführt werden.

Die Auskunftspflicht des Klägers nach § 2057 BGB hat Vorrang vor seinem Anspruch auf Erbteilung nach § 2042 BGB (vgl. das Muster für eine Widerklage in § 9 Rdn 332; zum Abhilfeverfahren nach § 321a ZPO vgl. § 9 Rdn 270 ff.).[208]

[208] Vgl. OLG Stuttgart BWNotZ 1976, 89.

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