I. Umfang des Nachlasses und Gegenstand der Testamentsvollstreckung (Konstituierung des Nachlasses)

 

Rz. 26

Nachdem der Testamentsvollstrecker das Amt angenommen hat, sollte in einem nächsten Schritt die Feststellung des Bestands des Nachlasses und des Umfangs des der Testamentsvollstreckung unterliegenden Teils erfolgen. Gemäß § 2205 BGB hat der Testamentsvollstrecker den Nachlass in Besitz zu nehmen und dem Erben ein Nachlassverzeichnis (§ 2215 BGB) über die seiner Verwaltung unterliegenden Gegenstände vorzulegen, man spricht insoweit auch von der Konstituierung des Nachlasses.[27] Das Nachlassverzeichnis ist auf den Zeitpunkt der Amtsannahme zu erstellen,[28] wobei der Testamentsvollstrecker erkennbare Veränderungen zwischen Erbfall und Amtsannahme im Verzeichnis sinnvollerweise erwähnen sollte.

 

Rz. 27

Die Aufstellung des Verzeichnisses und die Mitteilung an die Erben haben hierbei ohne ausdrückliche Aufforderung zu erfolgen.[29] Besteht seitens der Erben der Verdacht, dass das Nachlassverzeichnis nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erstellt wurde und liegen hierfür Anhaltspunkte vor, dann kann jeder Miterbe die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 260 Abs. 1 BGB verlangen.[30]

 

Rz. 28

Es sind nur diejenigen Gegenstände und Forderungen im Nachlassverzeichnis aufzunehmen, die auch der Testamentsvollstreckung unterliegen (tatsächlicher Umfang). Der tatsächliche Umfang der der Testamentsvollstreckung unterliegenden Gegenstände hängt einzig und allein von der Anordnung des Erblassers ab. Er kann beispielsweise die Testamentsvollstreckung auf nur einen oder auf bestimmte Nachlassgegenstände begrenzen.

 

Rz. 29

Zu beachten ist, dass zwar einzelne Nachlassgegenstände der Testamentsvollstreckung unterliegen können, dass sich diese möglicherweise jedoch nur auf Teilbereiche dieser Nachlassgegenstände erstreckt, wie beispielsweise bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung bei Personengesellschaften (rechtlicher Umfang). Bei Anteilen an Personengesellschaften unterliegt nach Ansicht des BGH[31] nur die sogenannte Außenseite der Testamentsvollstreckung, während die Innenseite der Gesellschaft und die damit verbundenen Stimmrechte etc. nicht durch den Testamentsvollstrecker ausgeübt werden können.[32]

 

Rz. 30

Es ist somit einmal zu unterscheiden, ob ein Gegenstand der Testamentsvollstreckung an sich unterliegt und in einem zweiten Schritt zu prüfen, inwieweit die Testamentsvollstreckung in die jeweiligen Rechtspositionen eingreift.

 

Rz. 31

In einem weiteren Schritt ist es sinnvoll, neben dem Umfang auch die Art der Testamentsvollstreckung festzustellen, insbesondere ob es sich um eine reine Abwicklungs- oder auch um eine Dauervollstreckung handelt. Zur Konstituierung des Nachlasses gehört weiter, dass der Testamentsvollstrecker die Verbindlichkeiten des Erblassers begleicht. Die Erbschaftsteuer ist zwar von den Erwerbern zu zahlen; der Testamentsvollstrecker hat jedoch gemäß § 32 Abs. 1 S. 2 ErbStG für die Bezahlung zu sorgen, mit persönlicher Haftung nach §§ 69, 34 Abs. 3 AO, wenn er diese Verpflichtung vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt.[33]

 

Rz. 32

 

Formulierungsbeispiel: Nachlassverzeichnis

Nachlassverzeichnis

vom (...) (Zeitpunkt der Aufnahme der Testamentsvollstreckertätigkeit)

in der Nachlasssache (...)

 
I. Aktiva
1. Grundstücke
Bebaute Grundstücke
Einfamilienhaus in (...)  
  (grundbuchrechtliche Bezeichnung) (...) EUR
Eigentumswohnung in (...)  
  (grundbuchrechtliche Bezeichnung) (...) EUR
Mehrfamilienhaus in (...)  
  (grundbuchrechtliche Bezeichnung) (...) EUR
Unbebaute Grundstücke
(grundbuchrechtliche Bezeichnung) (...) EUR
2. Bewegliche Sachen
Gegenstände des persönlichen Gebrauchs (...) EUR
Kraftfahrzeuge/Fahrräder (...) EUR
Sammlungen/Schmuck (...) EUR
Teppiche (...) EUR
Kunstgegenstände (...) EUR
Möbel (...) EUR
(...) (...) EUR
3. Geldvermögen
Giro-Konto bei Y Bank Stand per (...) (...) EUR
Sparbuch bei X Bank Stand per (...) (...) EUR
Sparbrief Z Bank Stand per (...) (...) EUR
Barvermögen     (...) EUR
(...) (...) EUR
4. Sonstige Forderungen
(...) (...) EUR
5. Unternehmen/Beteiligungen
Einzelkaufmännisches Unternehmen Bezeichnung (...) EUR
Anteile an Personengesellschaften Bezeichnung (...) EUR
Anteile an Kapitalgesellschaften Bezeichnung (...) EUR
Sonstiges (...) EUR
Gesamtsumme der Aktiva = Brutto-Nachlass (...) EUR
 
II. Passiva
1. Bankverbindlichkeiten
Darlehen bei der X Bank Stand per (...) (...) EUR
Kontokorrentkredit Stand per (...) (...) EUR
2. Steuerverbindlichkeiten
(...) (...) EUR
3. Erbfallschulden
Beerdigungskosten   (...) EUR
Grabstein   (...) EUR
Erstbepflanzung der Grabstelle   (...) EUR
4. Sonstige Verbindlichkeiten
(...) (...) EUR
Gesamtsumme der Passiva (...) EUR
Gesamtsumme der Aktiva (...) EUR
Netto-Nachlass (...) EUR

Hinweis

Das obige Nachlassverzeichnis entspricht dem Nachlassbestand vom (...). Bisher wurden – mit Ausnahme vorgenannter Erbfallschulden – keine Veränderungen zwischen dem Nachlassbestand zum Zeitpunkt des Erbfalls am (...) und dem Zeitpunkt der Errichtung des Verzeichnisses festgestellt.

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