Rz. 1

Im Rahmen der anwaltlichen Beratung eines Testamentsvollstreckers kann sich zum einen die Situation ergeben, dass der Mandant, der als Testamentsvollstrecker bestimmt ist, sich vor Annahme des Amtes beraten lassen will, und zum anderen eine bereits betriebene Testamentsvollstreckung vorliegt, sprich das Amt schon angenommen wurde. Im letzteren Fall wird sich die Beratung auf einzelne Teilfragen beschränken, während bei einer anfänglichen Beratung neben einer umfassenden rechtlichen Beratung auch eine wirtschaftliche Prognose abgegeben werden sollte, ob es beispielsweise ratsam ist, das Amt anzunehmen. Letztlich wird dies vom Umfang und der Zusammensetzung des Nachlasses abhängen sowie von den einzelnen persönlichen Verhältnissen zwischen den Erben und dem Testamentsvollstrecker.

 

Rz. 2

Nicht selten wird ein Anwalt auch selbst als Testamentsvollstrecker benannt werden, so dass es unvermeidlich ist, sich die wesentlichen Grundzüge und Rechtskenntnisse über die Vorschriften der Testamentsvollstreckung anzueignen.

 

Rz. 3

Die Ausübung des Testamentsvollstreckeramts stellt dabei nicht zuletzt wegen des nicht unerheblichen Haftungsrisikos ein anspruchsvolles Betätigungsfeld für den Rechtsanwalt dar. Aus diesem Grund ist der Rechtsanwalt demnach gehalten, das Für und Wider der Amtsübernahme genauestens abzuwägen.

Der Testamentsvollstrecker hat die Stellung eines Treuhänders und ist Inhaber eines privaten Amtes.[1] Dabei ist er nicht an Weisungen des bzw. der Erben gebunden; vielmehr erfolgt seine Amtsausübung aus eigenem Recht und größtenteils unabhängig gegenüber dem bzw. den Erben. Gebunden und verpflichtet ist der Testamentsvollstrecker allein durch das Gesetz und durch die in der testamentarischen Verfügung des Erblassers getroffenen Anordnungen.

Die Person des Testamentsvollstreckers kann sowohl vom Erblasser (§ 2197 BGB) oder aber auch durch einen Dritten (§§ 2198, 2199 BGB) oder durch das Nachlassgericht (§ 2200 BGB) bestimmt werden.[2] Lässt sich einer Verfügung von Todes wegen kein ausdrückliches Ersuchen des Nachlassgerichts, einen Testamentsvollstrecker zu ernennen, entnehmen, kann ein solches im Wege der ergänzenden Auslegung nur festgestellt werden, wenn dafür ein Anhaltspunkt in der Urkunde selbst enthalten ist. Eine Vermutung zugunsten einer Ersatzbestellung durch das Nachlassgericht besteht nicht.[3]

 

Rz. 4

Wie bereits erwähnt, beinhaltet das Amt des Testamentsvollstreckers jeweils abhängig vom Umfang und der Höhe des Nachlasses die Übernahme anspruchsvoller Tätigkeiten und somit ein nicht zu unterschätzendes Haftungsrisiko. Es ist daher dringend erforderlich, dass sich der Rechtsanwalt vor Amtsannahme ein möglichst umfassendes und lückenloses Bild über die Zusammensetzung des Nachlasses und die von ihm zu erledigenden Aufgaben macht. Am Anfang steht die Einsichtnahme in die Nachlassakte.

Der Rechtsanwalt darf sich bei der Sachverhaltserforschung nicht auf die Angaben des bzw. der Erben verlassen; vielmehr ist er gehalten und verpflichtet, selbst Erkundigungen einzuholen, um so die zum Nachlass gehörenden Gegenstände zu bestimmen.

 

Rz. 5

§ 1 Abs. 2 S. 2 RVG nimmt das Testamentsvollstreckeramt ausdrücklich von den Vergütungsregelungen für Rechtsanwälte aus. Die Vergütung des Testamentsvollstreckers ist gesetzlich nur unzureichend geregelt.[4] § 2221 BGB spricht hier ohne nähere Ausgestaltung lediglich von einer "angemessenen Vergütung". Letztlich obliegt es dem Erblasser, ob er die Höhe der Vergütung letztwillig regelt, unerwähnt lässt oder gänzlich ausschließt. Fehlt eine Bestimmung der Testamentsvollstreckervergütung, so sollte der Rechtsanwalt noch vor Amtsantritt darauf hinwirken, eine Vergütungsvereinbarung mit dem bzw. den Erben zu schließen.[5]

 

Rz. 6

Je nach Art der angeordneten Testamentsvollstreckung umfasst der Pflichtenkatalog folgende Bereiche:

die Inbesitznahme des Nachlasses
die Verwaltung des Nachlasses[6]
die unverzügliche Erstellung eines Nachlassverzeichnisses nebst Mitteilung an die Erben
die Unterstützung der Erben bei der Erstellung eines Inventars
Auskunft und Rechnungslegung
die Herausgabe des Nachlasses.
 

Rz. 7

Die Haftung des Testamentsvollstreckers ist geregelt in § 2219 BGB. Danach macht sich der Testamentsvollstrecker schadensersatzpflichtig, wenn er "die ihm obliegenden Verpflichtungen", insbesondere die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 2216 BGB), verletzt. Handelt es sich um eine grobe Pflichtverletzung oder ist der Testamentsvollstrecker unfähig, das Amt zu führen, kann das Nachlassgericht diesen auf Antrag entlassen. Der Erblasser kann den Testamentsvollstrecker von seiner Haftung aus § 2219 BGB nicht befreien, § 2220 BGB. Ebenfalls nicht möglich ist die Vereinbarung der Herabsetzung des Sorgfaltsmaßstabs.[7] Auch auf testamentarischem Weg, etwa in Form eines sogenannten Befreiungsvermächtnisses, kann der Erblasser dem Testamentsvollstrecker die Haftungsansprüche nicht erlassen.[8] Ein Erlass bereits entstandener, aber auch künftiger Schadensersatzansprüch...

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