Rz. 81

Bei den Vorgängerversionen VKS 3.0 sowie VKS 3.01 handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der Rechtsprechung des BGH.[11] Dies wird für die neue Version 4.5 nicht anders gehandhabt werden, auch wenn nunmehr eine Konformitätsprüfung an die Stelle der Bauartzulassung getreten ist. Auf die allgemeinen Ausführungen zum MessEG in § 4 wird verwiesen.

Daher reicht es auch hier grundsätzlich aus, dass im Urteil das angewendete Messverfahren, die gemessene Geschwindigkeit nebst Sicherheitsabschlägen und der ermittelte Abstand mitgeteilt werden. Weitere Toleranzabzüge zum Abstand sind nicht veranlasst. Eine Abweichung von der Bedienungsanleitung – hier insbesondere das sehr ausführliche Messprotokoll – führt per se nicht zur Unverwertbarkeit der Messung. Nachdem die Systematik des standardisierten Messverfahrens jedoch auf eine Messung gemäß den Vorgaben der Bedienungsanleitung ausgelegt ist, muss das Gericht in jedem Fall prüfen, ob das Messergebnis noch korrekt ist. In der Regel wird hier die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich sein. Daher hat die Verteidigung insbesondere bei Abstandsunterschreitungen außerhalb der Regelfahrverbote gute Aussichten, dass das Verfahren aus Opportunitätsgründen eingestellt wird.

 

Rz. 82

 

Praxistipp

Bei diesem Abstandsmessverfahren sind die Messstellen fest vorgegeben; mithin sind die Gerichte mit demselben Verfahren an derselben Stelle also ständig betraut. Sobald das Aktenzeichen bekannt ist, sollte die Verteidigung sich bei Fachanwaltskanzleien vor Ort erkundigen, wie die Handhabung solcher Verfahren durch die zuständigen Richter erfolgt. Weist man bereits vor dem Termin auf den Fehler im Protokoll hin, wird ein Pragmatiker dies gern als Anlass für eine Verfahrenseinstellung im Beschlusswege nehmen. Andernfalls läuft man Gefahr, dass bereits vor dem Termin ein kostenintensives Sachverständigengutachten eingeholt wird. Im Zweifel sollte ein mangelhaftes Messprotokoll erst im Termin selbst thematisiert werden, da dann in jedem Fall eine Verfahrensverlängerung zu befürchten ist, welche dem Gericht die Fallquote verhagelt.

 

Rz. 83

Wie beim Vorgängermodell auch, kann und wird die Behörde im Massenverfahren die einzelnen Videosequenzen nur bedingt aufmerksam überprüfen und sich zu großen Teilen auf die Vorselektion verlassen. Die Verteidigung muss das Messvideo daher umso genauer auf das Fahrverhalten der beteiligten Fahrzeuge hin überprüfen. Regelmäßig werden die subjektiven Erfahrungen der Betroffenen bereits vor Erhalt der Akte geschildert. Den üblichen Mandantenvortrag, man habe sich seinerseits von hinten bedrängt gefühlt oder sei davon ausgegangen, der Vordermann würde Platz machen, sollte die Verteidigung stets kritisch hinterfragen. Schnell kann hieraus eine Vorsatztat erwachsen. Insoweit sei auch auf die Ausführungen im allgemeinen Teil verwiesen.

[11] OLG Dresden, Beschl. v. 2.2.2010 – Ss (OWi) 788/09, Rn 8, juris; OLG Bremen, Beschl. v. 28.10.2010 – 2 SsBs 70/10, Rn 13, juris; OLG Hamm, Beschl. v. 11.4.2016 – III-4 RBs 74/16, Rn 6, juris; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 8.4.2016 – 3 (4) SsBs 121/16, Rn 4, juris. Kritisch hierzu: La Malfa, zfs 2016, 241.

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