Rz. 7

Nicht nur in Bezug auf die Nachlassplanung, sondern auch hinsichtlich der Vorsorgeregelung ist in Fällen mit Auslandsbezug besondere Vorsicht geboten. Vor allem ist fraglich, inwieweit deutsche Vorsorgevollmachten im Ausland wirksam und anerkennungsfähig sind.

 

Rz. 8

Das Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen (ErwSÜ) ist bei internationalen Sachverhalten auf den Schutz von Erwachsenen anzuwenden, die aufgrund einer Beeinträchtigung oder der Unzulänglichkeit ihrer persönlichen Fähigkeiten nicht in der Lage sind, ihre Interessen zu schützen,[10] und gilt für Vollmachten, die nach dem 17.6.2017 erteilt wurden. Die Vollmacht muss dabei den Schutz des Erwachsenen bezwecken, wobei die Schutzbedürftigkeit auf einer Beeinträchtigung oder Unzulänglichkeit persönlicher Fähigkeiten des Erwachsenen beruhen muss. Gemeint sind also insbesondere Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen und Schweigepflichtentbindungserklärungen. Sofern keine Rechtswahl getroffen wird, unterliegt die Vollmacht dem Recht des Staates, in dem der Erwachsene im Zeitpunkt der Vollmachterteilung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.[11] Es handelt sich dabei um eine unwandelbare Anknüpfung, d.h. ein Aufenthaltswechsel führt nicht zur Änderung des anwendbaren Rechts.

 

Rz. 9

 

Beispiel

Das deutsche Ehepaar E lebt seit Jahren in Grasse in der Provence. Aufgrund eines Arbeitsplatzwechsels beabsichtigt das Ehepaar in nächster Zeit nach München zu ziehen. In Frankreich haben sie formwirksam eine Vorsorgevollmacht nach französischem Recht errichtet. Um den Umzug zu organisieren, pendelt Frau E zwischen Grasse und München hin und her. Bei einem ihrer Aufenthalte in München erleidet sie einen Autounfall und liegt im Koma. Herr E reist nach München, um als ihr Bevollmächtigter medizinische Entscheidungen für Frau E zu treffen. Kann Herr E für Frau E Entscheidungen treffen?

Gemäß Art. 15 Abs. 1 ErwSÜ ist französisches Recht anwendbar, da sich zum Zeitpunkt der Errichtung der Vollmacht der gewöhnliche Aufenthalt in Frankreich befand. Demnach ist die gerichtliche Feststellung, dass Frau E ihre Interessen nicht mehr alleine wahrnehmen kann, erforderlich. Ein deutsches Gericht ist mangels Verfahrensvorschriften dafür nicht zuständig. Herr E muss also vor ein französisches Gericht ziehen. Er benötigt ein Attest, welches den Eintritt des Vorsorgefalles bestätigt.

Dieses Beispiel verdeutlicht, dass es sinnvoll sein kann, eine Rechtswahlklausel in seine Vorsorgeregelungen aufzunehmen, um ungewollten Ergebnissen im Umgang mit eintretender Schutzbedürftigkeit vorzubeugen.

[10] Art. 1 Abs. 1 ErwSÜ.
[11] Vgl. Art. 15 Abs. 1 ErwSÜ.

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