Rz. 3

Nach der Neufassung des ErbStG durch das Gesetz zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (ErbschaftsteuerreformgesetzErbStRG)[5] sowie der Neuregelung des Erbschaftsteuergesetzes vom 4.11.2016[6] aufgrund der Entscheidung des BVerfG v. 17.12.2014[7] ergeben sich Fragestellungen für die Steuerfreistellung des Betriebsvermögens in § 13a ErbStG und des Erwerbes des Familienheims in § 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG.

[5] Vom 24.12.2008, BGBl I, 3018, in Kraft getreten am 1.1.2009.
[6] ErbStG 2016, BGBl I, 2016, 2464.
[7] 1 BvL 21/12 BStBl II, 2015, 50.

1. Betriebsvermögen

 

Rz. 4

Die Aufteilung eines Freibetrages unter den Erwerbern durch den Erblasser ist nicht mehr geregelt, da das Gesetz einen Abschlag auf das erworbene Vermögens selbst vorsieht. Die Steuerbefreiung hängt somit am Betrieb und nicht am Erwerber. Bei mehreren Erwerbern reduziert sich deren Erwerb damit jeweils anteilig.

 

Rz. 5

Soweit im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft ein Erwerber das gesamte Betriebsvermögen erhält, steht ihm auch die gesamte Steuerbefreiung zu.[8] Im Gegenzug treffen ihn auch vollständig die Pflichten aus der Lohnsummen- und Behaltensregelung.

 

Rz. 6

Da die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen an die langfristige Erfüllung von Bedingungen (Lohnsummenregelung § 13a Abs. 3 ErbStG: mind. 5 Jahre/Behaltensregel § 13a Abs. 6 ErbStG: 5 Jahre) geknüpft ist, stellt sich bei der Fortführung von Betrieben durch Erbengemeinschaften die Frage, ob diese Bedingungen betriebs- oder erwerberbezogen anzuwenden sind. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist die Behaltensfrist für jeden Erwerber gesondert zu prüfen.[9] Die Lohnsumme kann aber nur betriebsweit ermittelt werden, so dass insoweit eine Einigkeit der fortführenden Erbengemeinschaft hinsichtlich der Einhaltung dieser Regelung erzielt werden sollte. Sobald sich Erbengemeinschaften einig sind, die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen zu wollen, müssen sie sich für die vom Gesetzgeber vorgesehene Überwachungszeit auch einig bleiben. Entsprechende Regelungen zur Binnenverfassung der Erbengemeinschaft sollten daher dringend getroffen werden. Im Zweifel sollte die Auseinandersetzung des Nachlasses so erfolgen, dass nicht mehrere Erben gemeinsam das Betriebsvermögen erhalten, um die beschriebenen Abstimmungsschwierigkeiten zu vermeiden. Bezüglich der "Behaltensfrist" des § 13a Abs. 6 ErbStG wird die nicht differenzierende Auffassung der Vorauflage nicht fortgeführt. Hier ist jeder Erwerber gesondert zu betrachten.

[8] AEErbSt Abschn. 7 Abs. 1.
[9] R E 13a.11 Abs. 1 S. 3 ErbStR 2011.

2. Familienheim

 

Rz. 7

Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG n.F. bleibt der Erwerb eines Grundstückes von Todes wegen steuerfrei, soweit der Erblasser in dem Grundstück eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und Erwerber Kinder oder Enkel der Steuerklasse I Nr. 2 sind und soweit die Wohnung 200 m² nicht übersteigt. Die Steuerfreiheit gilt nicht nur für den Erwerb des Eigentums, sondern auch für den Erwerb des Miteigentums, was möglicherweise den Fall der Erbengemeinschaft regeln soll, tatsächlich aber nicht regelt. Weitere Voraussetzung der Steuerbefreiung ist die unverzügliche Selbstnutzung der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken durch den Erben. Der Erwerb durch den Ehegatten ist gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG n.F. ebenfalls befreit, enthält allerdings nicht die Größenbeschränkung auf 200 m².

  Gegenüber der Vorauflage sind folgende Fragen inzwischen geklärt:

a) Wie wird die Steuerbefreiung auf heterogene Erbengemeinschaften angewendet?

 

Rz. 8

Eine heterogene Erbengemeinschaft im Sinne der Regelung des § 13 ErbStG n.F. liegt vor, wenn nicht nur Erben der Steuerklasse I Nr. 2, also Kinder oder Kinder verstorbener Kinder, Miterben sind, sondern auch Dritte. Weitere Probleme dürften sich ergeben, wenn neben den Kindern auch der Ehegatte Miterbe ist, auf den der eigene Tatbestand der Steuerbefreiung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG n.F. Anwendung findet. Der Sachverhalt wird weiter erschwert, wenn das Familienheim auch noch größer als 200 m² ist. Durch Erlass der Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 dürfte dieser Sachverhalt inzwischen geklärt sein. Nach Beispiel 2 der Erbschaftsteuerrichtlinien 2011[10] werden die jeweiligen Tatbestandsmerkmale personenbezogen auf jeden Erwerber individuell angewendet. Soweit die Wohnfläche des Familienheims somit 200 m² überschreitet und ein Kind Miterbe wird sowie die sonstigen Tatbestandsmerkmale zur Steuerbefreiung erfüllt, wird die Steuerberfreiung für das Kind nur anteilig im Verhältnis zur tatsächlichen Wohnfläche gewährt.

 

Rz. 9

In seiner Pressemitteilung vom 7.11.2008 teilt das BMF mit, dass die Kernfamilie begünstigt werden solle und daher Witwen, Witwer und Kinder des Erblassers keine Erbschaftsteuer auf ein vererbtes Haus oder eine Wohnung zahlen müssen, solange sie diese mindestens 10 Jahre lang selbst nutzen.

Nach dem Wortlaut der Regelung dürfte jedoch eine heterogene Erbengemeinschaft die Steuerbefreiung grundsätzlich ausschließen, denn Erwerber des Grundstückes ist nicht der einzelne Miterbe, sondern die Gesamthand. Auch die im Gesetzestext enthaltene Regelung zum Er...

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