Rz. 20

Leicht werden die Bestimmungen zum Erbstatut übersehen, die in einige bilaterale Abkommen eingestreut sind. Praktisch am wichtigsten ist das zwischen dem Deutschen Reich und der Türkischen Republik vereinbarte Nachlassabkommen, das die Anlage zu Art. 20 des Deutsch-Türkischen Konsularvertrages vom 28.5.1929 bildet.[12] Dieses Abkommen gilt laut Bekanntmachung vom 26.2.1952[13] nach Beendigung des Krieges wieder. § 14 des Nachlassabkommens bestimmt das auf die Erbfolge anwendbare Recht wie folgt:

 

§ 14

Die erbrechtlichen Verhältnisse bestimmen sich in Ansehung des beweglichen Nachlasses nach den Gesetzen des Landes, dem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehörte.

Die erbrechtlichen Verhältnisse in Ansehung des unbeweglichen Nachlasses bestimmen sich nach den Gesetzen des Landes, in dem dieser Nachlass liegt, und zwar in der gleichen Weise, wie wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Angehöriger dieses Landes gewesen wäre.

 

Rz. 21

Damit gilt im Verhältnis zur Türkei auch nach dem Anwendungsstichtag für die Erbrechtsverordnung aus deutscher Sicht weiterhin das Heimatrecht des Erblassers als Erbstatut. Für in Deutschland belegene Immobilien eines türkischen Erblassers und für in der Türkei belegene Immobilien eines deutschen Erblassers kommt allerdings gem. Art. 14 Abs. 2 des Nachlassabkommens zwingend das jeweilige Belegenheitsrecht zur Anwendung. Für türkische Immobilien von Deutschen, also etwa eine an der türkischen Riviera belegene Eigentumswohnung, gilt türkisches Erbrecht. Es tritt also eine Nachlassspaltung ein. Dies ist insbesondere pflichtteilsrechtlich bedeutsam, da das türkische Recht höhere Pflichtteilsquoten vorsieht als das deutsche.[14]

 

Rz. 22

Gemäß Art. 75 Abs. 1 UAbs. 1 EUErbVO bleiben bilaterale Abkommen eines Mitgliedstaates mit einem Drittstaat auf dem Bereich des Erbrechts auch nach dem Anwendungsstichtag für die EUErbVO weiterhin in Kraft. Für die Vererbung in Deutschland belegenen Vermögens türkischer Staatsangehöriger sowie in der Türkei belegener Nachlassgegenstände deutscher Erblasser gelten daher die Regeln des Nachlassabkommens auch über den 17.8.2015 hinaus.

[11] Dazu Süß, Der Vorbehalt zugunsten bilateraler Abkommen mit Drittstaaten, in: Dutta/Herrler, Die Europäische Erbrechtsverordnung, S. 181.
[12] RGBl 1930 II, S. 747; Text z.B. in Ferid/Firsching, Deutschland Texte A II 2 Nr. 12; mit Kommentar in: Staudinger/Dörner, Vorbem. zu Art. 25 f. EGBGB Rn 164; ausführlich auch: Süß, Erbrecht in Europa, 3. Aufl. 2016, § 2 Rn 189 ff.
[13] BGBl 1952 II, S. 608.
[14] Für den überlebenden Ehegatten neben Abkömmlingen die gesamte gesetzliche Quote i.H.v. 1/4, für die Kinder die Hälfte der gesetzlichen Quote, neben einem Ehegatten also insgesamt 3/8 des Nachlasses, so dass dann nur noch 3/8 zur freien Verfügung blieben; siehe Länderübersicht Türkei (§ 19 Rdn 533).

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