Rz. 4

Bestehende Staatsverträge auf dem Gebiet des internationalen Erbrechts sind vorrangig anzuwenden. Dies gilt gemäß § 75 Abs. 1 EuErbVO unverändert auch nach Inkrafttreten der EuErbVO, so dass diese weiterhin vorrangig geprüft werden müssen.

Sonderregeln betreffend das Erbrecht enthalten

das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen vom 17.2.1929,
der deutsch-türkische Konsularvertrag vom 28.5.1929 und
der deutsch-sowjetische Konsularvertrag vom 25.4.1958.

1. Deutsch-iranisches Niederlassungsabkommen

 

Rz. 5

Das deutsch-iranische Niederlassungsabkommen stellt hinsichtlich des anwendbaren Rechts für die Rechtsnachfolge von Todes wegen auf die Staatsangehörigkeit als maßgebliches Anknüpfungskriterium ab, Art. 8 Abs. 3 S. 1 des Abkommens. Dieser lautet:

Zitat

In Bezug auf das Personen-, Familien- und Erbrecht bleiben die Angehörigen jedes der vertragschließenden Staaten im Gebiet des anderen Staates jedoch den Vorschriften ihrer heimischen Gesetze unterworfen. Die Anwendung dieser Gesetze kann von dem anderen vertragschließenden Staat nur ausnahmsweise und nur insoweit ausgeschlossen werden, als ein solcher Ausschluss allgemein gegenüber jedem anderen fremden Staat erfolgt.

Die Regelung entsprach der früheren Fassung des Art. 25 Abs. 1 EGBGB a.F. Zu beachten ist aber, dass es auf Personen, die sowohl die deutsche als auch die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, nicht anwendbar ist.[4] Soweit sich die Bestimmung des Erbstatuts nach diesem Abkommen richtet, war für iranische Staatsangehörige eine Rechtswahl nach Art. 25 Abs. EGBGB (a.F. ausgeschlossen.[5] Auch nach Geltung der EuErbVO soll eine Rechtswahl insoweit ausgeschlossen sein.

[4] Schotten/Schmellenkamp, Rn 264.
[5] Erman/Hohloch, Art. 25 EGBGB Rn 4.

2. Deutsch-türkischer Konsularvertrag

 

Rz. 6

Der deutsch-türkische Konsularvertrag[6] enthält folgende erbrechtliche Kollisionsregel:

Zitat

§ 14 der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrags (Nachlassabkommen)

(1) Die erbrechtlichen Verhältnisse bestimmen sich in Ansehung des beweglichen Nachlasses nach den Gesetzen des Landes, dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes angehörte.

(2) Die erbrechtlichen Verhältnisse in Ansehung des unbeweglichen Nachlasses bestimmen sich nach den Gesetzen des Landes, in dem dieser Nachlass liegt, und zwar in der gleichen Weise, wie wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes Angehöriger dieses Landes gewesen wäre.

Nachdem dieser Staatsvertrag hinsichtlich des beweglichen Nachlasses auf die Staatsangehörigkeit und hinsichtlich des unbeweglichen Nachlasses auf die Belegenheit (lex rei sitae) abstellt, kann Nachlassspaltung eintreten, wenn ein Türke mit Grundbesitz in Deutschland oder ein Deutscher mit Grundbesitz in der Türkei verstirbt.

Inwieweit der deutsch-türkische Konsularvertrag auch auf Doppelstaater Anwendung findet, ist umstritten.[7]

BGH, Urt. v. 21.10.2015 – IV ZR 68/15, ZEV 2016, 150:

Zitat

Erbschaftsansprüche im Sinne des § 15 der Anlage zu Art. 20 des Konsularvertrags zwischen der Türkischen Republik und dem Deutschen Reich vom 28.5.1929 liegen nur vor, wenn das materielle Erbrecht der Parteien Gegenstand des Rechtsstreits ist; der Rechtsstreit über diese Ansprüche muss dazu führen, dass über eine zwischen den Parteien streitige Erbenstellung oder erbrechtliche Berechtigung eine verbindliche Entscheidung getroffen wird.

[6] Siehe dazu NK-BGB/Kroiß, § 2369 Rn 16 ff.
[7] Vgl. Kaya, ZEV 2015, 208, 209 m.w.N.

3. Deutsch-sowjetischer Konsularvertrag

 

Rz. 7

Der deutsch-sowjetische Konsularvertrag[8] enthält für das Erbrecht in Art. 28 Abs. 3 folgende Regelung:

Zitat

Hinsichtlich der unbeweglichen Nachlassgegenstände finden die Rechtsvorschriften des Staates Anwendung, in dessen Gebiet diese Gegenstände gelegen sind.

Dieses Abkommen gilt zwischen Deutschland und Russland sowie möglicherweise aufgrund der Erklärung von Alma Ata vom 23.12.1991 auch für die übrigen GUS-Staaten.[9]

Eine Nachlassspaltung ist auch hier möglich, wenn ein Russe mit Grundvermögen in Deutschland oder ein Deutscher mit Immobilieneigentum in den GUS-Staaten verstirbt.

[8] BGBl II 1959, 233; siehe NK-BGB/Kroiß, § 2369 Rn 21 ff.
[9] Vgl. Schotten/Schmellenkamp, Rn 265.

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