1. Grundsätzliche Wirkung

 

Rz. 89

Ein Zuwendungsverzicht erstreckt sich auf die Abkömmlinge des Verzichtenden.[196] Allerdings gilt die Verweisung auch, wenn keine Abfindung gezahlt wurde. Die Rechtsfolge des § 2349 BGB kann (und muss)[197] durch eine ausdrückliche Anordnung vermieden werden.[198] Die Erstreckungswirkung kann ausnahmsweise entfallen, etwa wenn der Abkömmling ausdrücklich als Ersatzerbe benannt ist.[199]

[196] MüKo/Wegerhoff, § 2352 Rn 14.
[197] MüKo/Wegerhoff, § 2352 Rn 13.
[198] Vgl. insgesamt BT-Drucks 16/8954, 25 f.

2. Ausdrückliche Ersatzerbenbenennung

 

Rz. 90

Die Ersatzerben (Gleiches gilt für die Ersatzvermächtnisnehmer) können zu solchen entweder durch Auslegung (§§ 2069, 2190 BGB) oder durch ausdrückliche Benennung in der letztwilligen Verfügung werden. Diskutiert wird, ob die Wirkung des § 2349 BGB auch in jedem Fall eintreten soll, wenn eine ausdrückliche Ersatzerbenberufung vorliegt. Insoweit könnte der Wille des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung zu erforschen sein.

Mit Herzog[200] ist davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht ausgelegt werden sollte, da der Verweis auf § 2349 BGB gerade Zweifel beseitigen wollte und der Erblasser in dem Zuwendungsverzichtsvertrag die Möglichkeit zur Klarstellung hat.

In zwei Konstellationen sollten von dem Grundsatz aber Ausnahmen gemacht werden: Wenn sich die Ersatzerbenbenennung aus einem gemeinschaftlichen Testament oder einem Erbvertrag ergibt, würde deren Wegfall das Vertrauen des Erstverstorbenen in den Bestand der Anordnung enttäuschen. Auch der Wegfall eines Vorerbens (Kind) könnte sich auf den Nacherben (Enkel) auswirken und damit eine Vermögensnachfolgeplanung zunichtemachen.[201] Zumindest bei gemeinschaftlichen Testamenten sollte daher § 2349 BGB aus Gründen des Vertrauensschutzes nur angewandt werden, wenn eine ergänzende Auslegung des Testaments ergibt, dass der zuerst verstorbene Ehegatte mit der Rechtsfolge einverstanden gewesen wäre.

[200] Herzog/Lindner, Erbrechtsreform 2010, Rn 570.
[201] Klinck, ZEV 2009, 533.

3. Verzichte nur von Abkömmlingen und Seitenverwandten

 

Rz. 91

Dass in § 2349 BGB ausschließlich auf Verzichte von Abkömmlingen und Seitenverwandten abgestellt wird, zeigt seine Konzeption für die gesetzliche Erbfolge.[202] Für den Zuwendungsverzicht passt dies nicht, denn bei einer Zuwendung durch letztwillige Verfügung werden auch andere Personen bedacht, die dann wiederum verzichten könnten. Die Auslegungsregel des § 2069 BGB kann aber auch bei diesen anzuwenden sein, bspw. bei Patchwork-Familien. Es sollten beim Zuwendungsverzicht daher in Ausweitung des Wortlauts des § 2349 BGB alle Ersatzerben erfasst sein.[203]

[202] Klinck, ZEV 2009, 533; MüKo/Wegerhoff, § 2352 Rn 13.
[203] Herzog/Lindner, Erbrechtsreform 2010, Rn 574.

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