I. Allgemeines

 

Rz. 42

Ein Erbverzicht kann unter einer aufschiebenden oder auflösenden Bedingung erklärt werden.[70] Nach inzwischen ganz h.M. muss die Bedingung auch nicht vor dem Erbfall eingetreten sein.[71] Liegt der Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung oder der Befristung nach dem Erbfall, ist der Verzichtende bis dahin Vorerbe, die ohne den Verzicht begünstigten Personen sind Nacherben.[72] Wenn eine aufschiebende Bedingung vorliegt, wird der Verzichtende Nacherbe, die ohne den Verzicht Begünstigten werden Vorerben (vgl. §§ 2104 f. BGB).

 

Rz. 43

Eine typische Bedingung ist, dass von zwei Verzichten eines Kindes gegenüber beiden Elternteilen nur der Verzicht hinsichtlich des erstversterbenden Elternteils wirksam werden soll.[73] Durch eine Bedingung können auch der abstrakte Erbverzicht und das kausale Geschäft (Abfindung) miteinander verknüpft werden.[74] Mehrere Pflichtteilsberechtigte können den Verzicht zeitlich und örtlich unabhängig voneinander erklären mit der Bedingung, dass die jeweils anderen ebenfalls wirksam verzichten.[75]

[70] Verknüpfung mit einem Vermächtnis: BayObLG ZEV 1995, 228.
[71] Vgl. Staudinger/Schotten, § 2346 Rn 54, 91 m.w.N.; a.A. noch Staudinger/Ferid/Cieslar, 12. Aufl., Einl. Rn 33, 89 zu §§ 2346 ff. sowie Lange, in: FS Nottarp, S. 119, 123.
[72] Vgl. auch BayObLG NJW 1958, 344.
[73] Fassbender, MittRhNotK 1962, 602, 603; J. Mayer, ZEV 2000, 263, 265; Edenfeld, ZEV 1997, 134, 138; Frenz, in: FS 50 Jahre Deutsches Anwaltsinstitut, S. 387–391.
[74] Staudinger/Schotten, § 2346 Rn 54, 153 f.
[75] Edenfeld, ZEV 1997, 134, 138.

II. Verzicht zugunsten eines anderen, § 2350 BGB

 

Rz. 44

§ 2350 BGB enthält lediglich Auslegungsregeln.[76] Verzichtet etwa ein Abkömmling, steht dies danach unter der Bedingung der Begünstigung eines anderen Abkömmlings oder des Ehegatten. Es sollen regelmäßig keine entfernten Verwandten oder der Staat als gesetzliche Erben profitieren. Bei einer fachgerechten Gestaltung sollte die gewünschte Rechtsfolge aber nicht der Auslegungsregel, sondern der Urkunde zu entnehmen sein.

Beim Pflichtteilsverzicht gelten diese Zweifelsregelungen nach allgemeiner Meinung nicht.[77] Es sollte daher auf eine entsprechende Formulierung in der Urkunde geachtet werden.[78]

[76] Kuchinke, in: FS Kralik, S. 451 f.; vgl. mit Beispiel Zimmermann, Verlust der Erbschaft, Rn 81–83.
[77] Staudinger/Schotten, § 2350 Rn 5 m.w.N.; MüKo/Wegerhoff, § 2350 Rn 2.
[78] Vorschlag bei J. Mayer, ZEV 2000, 263, 266.

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