Rz. 62

Geht es nicht um die "Nichteignung" bzw. "Nichtbefähigung", sondern um andere FE-Erteilungsvoraussetzungen, die nicht oder nicht mehr vorliegen, so bemisst sich die Frage der Aufhebung der FE nach den allgemeinen Regelungen des VwVfG über Widerruf (§/Art. 49 des jeweiligen Landes VwVfG) und Rücknahme (§/Art. 48 des jeweiligen LandesVwVfG) eines Verwaltungsaktes (der FE).[51]

Wird aufgrund einer von einem anderen Mitgliedstaat erteilten EU-Fahrerlaubnis eine deutsche FE im Wege des Umtauschs erteilt und nimmt der EU-Mitgliedstaat die EU-Fahrerlaubnis zurück, so ist der Anwendungsbereich des §/Art. 48 des jeweiligen LandesVwVfG eröffnet. Denn es sind nicht die – abschließend über § 3 StVG – geregelten Umstände der Eignung oder Befähigung betroffen, sondern andere Umstände.[52] Das gilt auch für eine im Wege der Umschreibung erteilte FE, wenn sich herausstellt, dass die zugrunde liegende EU-Fahrerlaubnis gefälscht war.[53]

 

Rz. 63

Damit geht § 3 StVG als spezialgesetzliche Regelung bzgl. Eignung und Befähigung dem VwVfG grundsätzlich vor.[54]

 

Rz. 64

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass dann, wenn eine FE jedenfalls mangels Eignung fehlerhaft erteilt ist, diese zu entziehen ist, wenn der Mangel nicht behoben werden kann und weiterhin besteht. Dazu wird weiter vertreten, dass dann, wenn der Mangel schon bei der Erteilung bestand und fortbesteht, dem Betroffenen vor dem Entzug die Möglichkeit einer Ausräumung der fehlenden Eignung etwa durch Vorlage eines Gutachtens nicht eingeräumt zu werden braucht. Dabei hat die Entziehung nach § 3 Abs. 1 S. 1 StVG zu erfolgen, wobei dies nicht auf die Fälle beschränkt ist, in denen der Mangel erst nach Erteilung der FE eintritt. Dabei verdrängt § 3 Abs. 1 StVG als spezielle Regelung die allgemeinen landesrechtlichen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechtes über Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten.[55] Die speziellere und zwingende Regelung des Straßenverkehrsgesetzes bringt die FE mit Wirkung allein für die Zukunft zum Erlöschen, wie dies aus § 3 Abs. 2 S. 1 StVG folgt. Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes brauchen nicht berücksichtigt zu werden. Das wird mit der Funktion des Fahrerlaubnisrechts als Gefahrenabwehrrecht begründet. Eine Ergänzung der Entzugsregelungen durch die Vertrauensschutzregelungen des Art./§ 48 f. LandesVwVfG kann nur insoweit in Betracht kommen, als die Aberkennung der FE nicht mangels Fahreignung oder -fähigung des Betroffenen erfolgen soll.[56]

 

Rz. 65

Ist die FE – trotz entgegenstehendem Gutachten, das von der Nichteignung ausging – rechtswidrig unter Auflagen erteilt worden und hat sich der Kraftfahrer nunmehr jahrelang im Straßenverkehr bewährt, dann kann er grundsätzlich keine Rechtsposition erlangt haben, die nicht wieder in Frage gestellt werden könnte.[57]

Die Tatsache, dass der Betreffende in der Zwischenzeit durch unauffällige Fahrweise und unter Umständen durch jahrelang unbeanstandetes Fahrverhalten am Straßenverkehr teilgenommen hat, kann grundsätzlich auch hier nicht zu seinen Gunsten gewertet werden. Wird nach zuvor erfolgter Entziehung der FE zum Nachweis der Fahreignung nach dem Gesetz zwingend ein positives Fahreignungsgutachten verlangt (vgl. z.B. § 13 Nr. 2d FeV) und hat er dieses nicht beigebracht, so kann dieses fehlende Gutachten nicht durch eine von der Fahrerlaubnisbehörde zu Unrecht ausgesprochene FE unter Auflagen, quasi als praktische Erprobung, ersetzt werden. Die Vorschriften über die Neuerteilung einer FE stehen nämlich nicht zur Disposition der Behörde;[58] es gilt der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Im Übrigen fehlt es dem Sachbearbeiter der Fahrerlaubnisbehörde an den erforderlichen Fachkenntnissen, die ihn befähigen könnten, ein Fahreignungsgutachten zu übergehen (dazu oben § 5 Rdn 23 ff.). Der Einwand, wonach sich die Behörde bei einer in einem solchen Fall erfolgten Entziehung der FE in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzen würde, greift nicht, da dies bei der Aufhebung eines rechtswidrig erteilten VA wohl meist der Fall sein wird. Im Übrigen geht es hier um das hohe Schutzgut der Verkehrssicherheit.

 

Rz. 66

Auch wenn die Nichteignung bereits im Zeitpunkt der Fahrerlaubniserteilung vorliegt und dennoch rechtswidrig eine FE erteilt wurde, gelten nicht die §§ 48 ff. VwVfG. Die Befugnis zur Entziehung der FE aufgrund § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 FeV ist nämlich nicht auf Fälle beschränkt, in denen nach Erlaubniserteilung Tatsachen eintreten, die das Fehlen der Eignung oder Befähigung des Erlaubnisinhabers ergeben.[59]

 

Rz. 67

Die Entziehung der FE richtet sich danach also auch in den Fällen, in denen die Umstände, die die Nichteignung begründen, bereits im Zeitpunkt der Erteilung der FE vorgelegen haben, nach § 3 Abs. 1 S. 1 StVG.[60] Das ist etwa der Fall, wenn die Fahrerlaubniserteilung auf einem gefälschten Gutachten beruht.[61]

 

Rz. 68

Auf Vertrauensschutz kann sich der Betroffene auch dann nicht berufen, wenn eine deutsche FE im Wege der Umschreibung einer ausländischen Fahrberech...

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