Rz. 69

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde auch das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen zu untersagen. Das hat für das Führen von Fahrrädern oder Mofas Bedeutung. Für Aufklärungsmaßnahmen gelten die §§ 1114 FeV entsprechend (§ 3 Abs. 2 FeV).

Die Untersagung fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge umfasst nur diese (der Bescheid wird diese Fahrzeuggruppe in der Regel benennen) und nicht auch die Untersagung fahrerlaubnispflichtiger Fahrzeuge.[64] Im Zweifel muss der Bescheid ausgelegt werden.

 

Rz. 70

Die mittlerweile herrschende Rechtsprechung geht ab einer Grenze von 1,6 Promille Alkohol im Blut strikt vor.[65] Die Rechtsprechung zum Führen von Kraftfahrzeugen wird auf das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge übertragen. Nach der Rechtsprechung soll sogar eine sechs Jahre zurückliegende Trunkenheitsfahrt mit einer BAK von 2,42 Promille ein rechtmäßiger Anlass für eine MPU sein. Denn Anlass für die Eignungszweifel sei nicht die Fahrt, sondern die darin zum Ausdruck kommende Alkoholgewöhnung.[66]

Die Rechtsprechung lässt hier aber das gebotene Augenmaß vermissen: Abgesehen von der Frage, wie das in der Praxis kontrolliert werden soll, da der Polizei der Untersagungsbescheid nicht bekannt sein dürfte und der Betroffene diesen wohl auch nicht mit sich führt, ist hier der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit besonders zu beachten. Hier sind die Besonderheiten des Einzelfalles maßgeblich: Gerade wenn es sich um einen Ersttäter handelt, der nicht im Besitz einer FE ist und zum ersten Mal ohne andere zu gefährden – insbesondere unter Benutzung eines Fahrradweges – auf dem Heimweg von einer privaten Feier erheblich alkoholisiert mit dem Fahrrad unterwegs ist, rechtfertigt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht die Untersagung des Führens fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge.[67] Angesichts der geringeren Gefahr, die von einer Verkehrsteilnahme mit unmotorisierten Fahrzeugen ausgeht, ist bei einer erstmaligen Auffälligkeit ohne Anhaltspunkte für eine besondere Gefährlichkeit allenfalls die Untersagung des Führens erlaubnisfreier motorisierter Fahrzeuge gerechtfertigt.

[64] BayVGH, Beschl. v. 9.8.2016, 11 ZB 16.880, juris Rn 15 f.; Beschl. v. 3.8.2015, 11 CS 15.1262, juris Rn 13.
[65] So aber: BayVGH, Beschl. v. 9.8.2016, 11 ZB 16.880, juris Rn 12 f.; Beschl. v. 11.5.2010, 11 CS 10.68; v. 8.2.2010, zfs 2010, 296; HessVGH v. 6.10.2010, BA 2010, 436; VG München v. 25.8.2010, DAR 2010, 656; so nun auch OVG Rheinl.-Pf., Urt. v. 17.8.2012, 10 A 10284/12, zfs 2012, 716.
[66] OVG MV, Beschl. v. 1.9.2014, 1 M 89/14, BA 2015, 170.
[67] OVG RP v. 25.9.2009, NJW 2010, 457; so bereits auch VG Augsburg v. 27.7.2007, Au 3 S 07.796.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge