Rz. 117
Wird die Prozesskostenhilfe in erster Instanz ganz oder teilweise versagt, so steht dem Antragsteller die sofortige Beschwerde nach § 127 Abs. 2 ZPO zu.[77]
Rz. 118
Die sofortige Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren kommt also in Betracht, wenn das erkennende Gericht:
▪ | die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ganz oder teilweise verneint, |
▪ | eine mutwillige Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung annimmt, |
▪ | die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint, |
▪ | die Prozesskostenhilfe nur für einen Zeitpunkt nach Antragstellung bewilligt,[78] |
▪ | im Gesetz nicht vorgesehene Auflagen anordnet,[79] |
▪ | Raten auferlegt oder diese erhöht, § 120 ZPO, |
▪ | einen Antrag auf Einstellung der Ratenzahlung nach § 120 Abs. 3 ZPO ablehnt, |
▪ | die Beiordnung eines Rechtsanwalts ablehnt, § 121 ZPO, |
▪ | die bereits bewilligte Prozesskostenhilfe wieder entzieht, § 124 ZPO. |
Rz. 119
Tipp
Verzögert das angerufene Gericht die Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe, so dass dies einer Ablehnung gleichkommt, kann, auch ohne dass eine Entscheidung des Ausgangsgerichts vorliegt, die sofortige Beschwerde erhoben werden.[80]
Rz. 120
Beschwerdeberechtigt ist grundsätzlich nur die Partei, der die beantragte Prozesskostenhilfe ganz oder teilweise versagt wird, und bei einer Bewilligung der Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung die Staatskasse (§ 127 Abs. 3 ZPO).
Rz. 121
Die Beschwerde kann also weder von dem Gegner[81] gegen die bewilligte PKH noch von dem beigeordneten oder nicht beigeordneten Rechtsanwalt in eigenem Namen[82] erhoben werden. Auch andere nur mittelbar betroffene Personen, wie etwa der Ehepartner oder unterhaltsberechtigte Personen, sind nicht befugt, die sofortige Beschwerde zu erheben.
Rz. 122
Hinweis
Der beigeordnete Rechtsanwalt hat ein Beschwerderecht, wenn die Ratenzahlungen nach § 120 Abs. 3 ZPO eingestellt werden, bevor seine Differenzgebühr gedeckt ist.[83] Das Gleiche gilt analog §§ 56 Abs. 2, 33 RVG, wenn der Rechtsanwalt lediglich zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet wurde und er hiermit nicht einverstanden war.[84]
Rz. 123
Auch wenn die PKH wegen fehlender Erfolgsaussichten oder Mutwilligkeit zurückgewiesen wird, ist die sofortige Beschwerde nach §§ 127 Abs. 2 S. 2 Hs. 2, 511 ZPO allerdings dann unstatthaft, wenn in der Hauptsache die Berufungssumme von 600,01 EUR nicht erreicht wird.
Rz. 124
Hinweis
Gegen eine die Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht ablehnende Entscheidung in Verfahren, in denen die Entscheidung zur Hauptsache überhaupt nicht anfechtbar ist, findet die sofortige Beschwerde nicht statt.[85]
Rz. 125
War die Beschwerde im Prozesskostenhilfeverfahren vor der ZPO-Reform nicht an eine Frist gebunden, so hat der Gesetzgeber diese mit dem 1.1.2002 als sofortige Beschwerde ausgestaltet und deren Zulässigkeit an eine Notfrist gebunden.
Rz. 126
Abweichend zu den allgemeinen Vorschriften über die sofortige Beschwerde beträgt die Notfrist aber nicht zwei Wochen wie in § 569 Abs. 1 ZPO, sondern nach § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO einen Monat.
Rz. 127
Im Übrigen gelten für das Beschwerdeverfahren die allgemeinen Bestimmungen nach §§ 567 ff. ZPO und damit die vorstehenden Ausführungen.
Rz. 128
Besonders zu beachten ist dabei, dass die sofortige Beschwerde nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden kann und damit nach § 78 Abs. 3 ZPO nicht dem Anwaltszwang unterliegt. Hierauf ist der Mandant grundsätzlich im Rahmen der Erstberatung hinzuweisen.
Rz. 129
Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, soweit diese vom Beschwerdegericht zugelassen wurde. Auch gegen Beschwerdeentscheidungen in Prozesskostenhilfesachen, die in Insolvenzverfahren ergehen, ist eine Rechtsbeschwerde nur statthaft, wenn sie vom Beschwerdegericht gem. § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zugelassen wurde. Die §§ 6, 7 InsO a.F. finden auf Prozesskostenhilfeentscheidungen, die in Insolvenzverfahren ergehen, keine Anwendung.[86]
Rz. 130
Hinweis
Wird die Prozesskostenhilfe vom Ausgangs- und vom Beschwerdegericht versagt, so hindert dies nicht, einen neuen Antrag auf Prozesskostenhilfe zu stellen. Ein die Prozesskostenhilfe versagender Beschluss erlangt auch nach der Neufassung des § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO im Falle seiner Unanfechtbarkeit nämlich keine materielle Rechtskraft.[87] Allerdings kann dem neuen Antrag das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn er nicht auch auf neue Gesichtspunkte gestützt wird, sich also die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben, das Klagevorbringen jetzt schlüssig oder die Rechtsverteidigung erheblich gemacht wird.
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