Rz. 240

Auch in Ehe- und Familienstreitsachen gelten grundsätzlich die §§ 58 ff. FamFG.

 

Rz. 241

Allerdings normiert § 117 FamFG einige Modifikationen, die die Beschwerde in diesen Verfahren dem Berufungsrecht noch weiter anpassen. Dies wird auch dadurch dokumentiert, dass § 520 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO und vor allem § 522 Abs. 1, 2 und 4 ZPO für anwendbar erklärt werden. Vor allem aber bleibt es bei einem streitigen Verfahren, welches vom Beibringungsgrundsatz statt der Amtsermittlung geprägt wird.

 

Rz. 242

So fordert § 117 Abs. 1 FamFG in Abweichung von § 65 FamFG die zwingende Begründung der Beschwerde. Daneben bleibt es bei dem Erfordernis, dass die angefochtene Entscheidung bezeichnet und deutlich werden muss, dass Beschwerde erhoben werden soll. Die Begründung muss dann mit einem Sachantrag verbunden werden. Es muss also nicht nur deutlich werden, dass eine Überprüfung durch das Rechtsmittelgericht gewünscht wird, sondern auch, in welcher Weise und mit welchem Ziel die Beschwerde verfolgt wird. Hieran lässt sich zugleich messen, ob und in welcher Weise eine Beschwer gegenüber der erstinstanzlichen Entscheidung geltend gemacht wird.

 

Rz. 243

Wie im Berufungsrecht beträgt die Begründungsfrist für die befristete Beschwerde in diesem Fall nach § 117 Abs. 1 S. 2 ZPO zwei Monate, beginnend mit der schriftlichen Bekanntgabe des angefochtenen Beschlusses, spätestens fünf Monate nach dem Erlass des Beschlusses. Die Frist kann nach § 117 Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 520 Abs. 2 S. 2, 3 ZPO unter den gleichen Voraussetzungen wie bei der zivilprozessualen Berufung verlängert werden, d.h. ohne Einwilligung des Gegners kann die Beschwerdefrist allein durch den Vorsitzenden des Beschwerdegerichtes verlängert werden, darüber hinaus nur dann, wenn auch der Gegner zustimmt.

 

Rz. 244

Wird die Beschwerdebegründungsfrist oder die Frist für die Einlegung der Rechtsbeschwerde ohne Verschulden versäumt, kommt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 117 Abs. 5 FamFG i.V.m. §§ 233, 234 Abs. 1 S. 2 ZPO in Betracht.

 

Rz. 245

 

Hinweis

Haben beide Beteiligten Beschwerde eingelegt und ist die eine Beschwerde verfristet, ohne dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht kommt, bleibt immer noch die Möglichkeit der Anschlussbeschwerde, die nach § 117 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 524 Abs. 2 S. 2, 3 ZPO bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist für den Beschwerdeführer eingelegt werden kann. Auch wenn diese akzessorisch zur Hauptbeschwerde ist, kann sich der Beteiligte doch noch aktives Gehör verschaffen.

 

Rz. 246

Das Beschwerdegericht ist in diesen Verfahren nach § 117 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 528 ZPO an die Anträge der Parteien gebunden, so dass das Verbot der reformatio in peius gilt.

 

Rz. 247

Das Beschwerdegericht kann die Beschwerde dann zunächst nach § 117 Abs. 1 S. 3 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 1 S. 1, 2, 4 ZPO als unzulässig verwerfen, wenn den Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht Rechnung getragen wurde. Gegen diese Entscheidung ist dann unmittelbar kraft Gesetzes die Rechtsbeschwerde statthaft, § 117 Abs. 1 S. 3 FamFG i.V.m. § 522 Abs. 1 S. 4 ZPO. Einer besonderen Zulassung des Beschwerdegerichtes wie nach § 70 Abs. 1 FamFG erforderlich, bedarf es danach nicht.

 

Rz. 248

 

Hinweis

Über diesen Sachverhalt muss der Beteiligte nach § 39 FamFG belehrt werden. Für jeden Beschluss im Anwendungsbereich des FamFG sieht § 39 FamFG eine Belehrung über das statthafte Rechtsmittel, den Einspruch, den Widerspruch oder die Erinnerung sowie das Gericht, bei dem diese Rechtsbehelfe einzulegen sind, dessen Sitz und die einzuhaltende Form und Frist vor.

 

Rz. 249

Anders als im allgemeinen Beschwerderecht kann in Ehe- und Familienstreitverfahren verspätetes Vorbringen nach § 115 FamFG zurückgewiesen werden, soweit der verspätete Vortrag auf grober Nachlässigkeit beruht. Dies wird insbesondere dann zu verneinen sein, wenn es sich um Tatsachen oder Umstände handelt, die sich erst nach Erlass der angefochtenen Entscheidung geändert haben.

 

Rz. 250

Beschränkt ist die Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichtes bei Versäumnisurteilen. Über § 117 Abs. 2 FamFG kommt hier § 514 ZPO zur Anwendung, so dass nur eingewandt werden kann, dass eine schuldhafte Säumnis nicht vorgelegen hat.

 

Rz. 251

Das Beschwerdeverfahren stellt zunächst eine vollwertige zweite Tatsacheninstanz dar. Allerdings kann das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 S. 2 ZPO von der Durchführung eines Termins, einer mündlichen Verhandlung oder einzelner Verfahrenshandlungen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurden und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Nach § 117 Abs. 3 FamFG muss in den Ehe- und Familienstreitverfahren auf diese Absicht aber gesondert hingewiesen werden.

 

Rz. 252

 

Hinweis

Dies gibt den Beteiligten nun die Möglichkeit, dieser Verfahrensweise begründet zu widersprechen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen die Wiederholung einer Verfahrenshandlung als erforderlich angesehen wird.

 

Rz. 253

Für die Zurückverweisung von Verfahren ...

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