Rz. 24
Die Zuständigkeit für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde ist seit der ZPO-Reform nicht mehr in der ZPO selbst geregelt, sondern ergibt sich systemkonform aus den §§ 72, 119 Abs. 1 GVG. Dabei sind die Zuständigkeiten nicht nur systematisch neu eingeordnet, sondern auch inhaltlich in Abweichung von den früheren Bestimmungen geregelt worden.
Rz. 25
Danach sind für Beschwerden gegen Entscheidungen der Amtsgerichte grundsätzlich die Landgerichte, für Beschwerden gegen Entscheidungen der Landgerichte die Oberlandesgerichte zuständig.
Rz. 26
Diese generelle Regelung gilt jedoch nicht ausnahmslos. Wie bei der Berufung ist das Oberlandesgericht nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 GVG auch für Beschwerden gegen Entscheidungen der Amtsgerichte zuständig, wenn
▪ | es sich um eine Entscheidung des Familiengerichts handelt, |
▪ | es sich um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Ausnahme der Freiheitsentziehungssachen und der von den Betreuungsgerichten entschiedenen Sachen handelt. |
Rz. 27
Die Sprungbeschwerde bei Angelegenheiten mit Auslandsberührung, die erst mit der ZPO-Reform eingeführt worden ist, ist mit der Einführung des FamFG zum 1.9.2009 wieder gestrichen worden. Die Regelung hat sich in der Praxis nicht bewährt.[26]
Ungeachtet der Zuständigkeitsregelung kann die sofortige Beschwerde nach § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO sowohl beim Ausgangsgericht (iudex a quo) als auch beim Beschwerdegericht (iudex ad quem) eingelegt werden.
Rz. 28
Tipp
Legen Sie die sofortige Beschwerde grundsätzlich beim Ausgangsgericht ein. Dies beschleunigt das Gesamtverfahren, da das Ausgangsgericht nunmehr nach § 572 ZPO der sofortigen Beschwerde nach Anhörung des Gegners – Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 GG – abhelfen kann. Sie ersparen sich so die – zeitliche – Verzögerung durch die Versendung der Sache vom Beschwerdegericht an das Ausgangsgericht. Darüber hinaus ersparen Sie sich in Fällen des § 119 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GVG die Prüfung, ob das Landgericht oder das Oberlandesgericht das zuständige Beschwerdegericht ist. Legt das Ausgangsgericht die sofortige Beschwerde dem falschen Gericht vor, so lässt dies die Einhaltung der Beschwerdefrist unberührt. Das Verfahren wird dann von Amts wegen an das richtige Beschwerdegericht abgegeben.
Rz. 29
Innerhalb des so zu bestimmenden Beschwerdegerichts entscheidet nach § 568 ZPO das Beschwerdegericht durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, wenn – wie regelmäßig – auch die anzufechtende Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. In allen anderen Fällen, d.h. wenn die Ausgangsentscheidung von einer Kammer des Landgerichts getroffen wurde, entscheidet auch das Oberlandesgericht als Beschwerdegericht in der vollen Senatsbesetzung. Wurde die angefochtene Entscheidung von der Kammer des Landgerichts in vollständiger Besetzung erlassen, ist der vollbesetzte Senat des Oberlandesgerichts auch dann zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde berufen, wenn der Nichtabhilfebeschluss von einem Einzelrichter stammt.[27]
Rz. 30
In der Praxis relevanter ist der umgekehrte Fall, in dem die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde, jedoch das Kollegialgericht den Nichtabhilfebeschluss gefasst hat. Teilweise wird die Zuständigkeit des Einzelrichters für die Beschwerdeentscheidung angenommen,[28] teilweise die des Senates.[29]
Rz. 31
Ist danach zunächst der Einzelrichter zuständig, muss er das Beschwerdeverfahren allerdings der Kammer oder dem Senat übertragen, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 568 S. 2 ZPO.
Rz. 32
Hinweis
Eine entsprechende Anregung muss vom Bevollmächtigten immer dann ausgehen, wenn bereits absehbar ist, dass aufgrund der bisherigen Rechtsprechung der Kammer oder des Senats eine endgültige Durchsetzung der eigenen Rechtsposition nur im Wege der Rechtsbeschwerde zu erwarten ist. Der Einzelrichter ist nämlich grundsätzlich gehindert, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.[30] Lässt der Einzelrichter in einer Sache, der er rechtsgrundsätzliche Bedeutung beimisst, die Rechtsbeschwerde zu, so führt die auf die Rechtsbeschwerde von Amts wegen gebotene Aufhebung der Entscheidung zur Zurückverweisung der Sache an den Einzelrichter, der diese dann der Kammer oder dem Senat vorlegen muss.[31] Nach der eindeutigen Stellungnahme des BGH zu dieser Frage ist nun zu erwarten, dass Einzelrichter in Beschwerdeverfahren die Rechtsbeschwerde nicht mehr zulassen. Missachten sie diese Entscheidungen, ist mit einer nicht unerheblichen zeitlichen Verzögerung der abschließenden Entscheidung zu rechnen.
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